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Repowering ist nicht nur für Dachanlagen ein Thema, sondern auch für Freiflächenanlagen. Hier können 60-Kilowatt Wechselrichter alte Zentralwechselrichter ersetzen…

Aktuelle Modelle können die Effektivität der Anlage spürbar erhöhen – und damit auch den Ertrag. Rund 1,28 Millionen Photovoltaikanlagen gibt es in Deutschland, schätzt der Bundesverband Solarwirtschaft. Etwa 390.000 Anlagen sind demnach älter als fünf Jahre, ungefähr 70.000 Anlagen liefern seit über zehn Jahren Solarstrom. Angesichts der technischen Entwicklung, die es bei Modulen und Wechselrichtern in dieser Zeit gegeben hat, liegt es nahe, bei Bestandsanlagen über Möglichkeiten zur Optimierung nachzudenken – zumal die Preise für alle Komponenten gesunken sind. Beim Repowering von Modulen ist Vorsicht geboten, da mit Blick auf die Einspeisevergütung laut Erneuerbare-Energien-Gesetz die installierte Leistung einer Photovoltaikanlage nicht erhöht werden darf. Ein neuer Wechselrichter, der über einen höheren Wirkungsgrad verfügt und so den Ertrag der Anlage erhöht, kollidiert jedoch nicht mit dem EEG.

Für Stringwechselrichter im Leistungsbereich von etwa drei Kilowatt haben die Firma Steca und die Hochschule München die möglichen Effekte eines Repowering untersucht. Dafür wurden bei einer 2007 errichteten Photovoltaikanlage mit zwölf Strings mit jeweils 2.890 Watt Nennleistung die Hälfte der alten Wechselrichter mit 92 Prozent europäischem Wirkungsgrad durch neue Geräte mit 98,1 Prozent ersetzt. Anschließend haben die Forscher die Erträge der umgerüsteten und der nicht umgerüsteten Strings untersucht, wobei die natürlichen Ertragsschwankungen der einzelnen Strings zur Auswertung mit Hilfe von Korrekturfaktoren ausgeglichen wurden. Ergebnis: Die AC-Leistung der umgerüsteten Strings lag 9,23 Prozent über den Strings mit alten Wechselrichtern.

Holger Grau von Danfoss wundert dieses Ergebnis nicht. Der Ingenieur hat Potenziale untersucht, die das Repowering von Wechselrichtern bietet – sowohl für Anlagenbetreiber, die Geräte ersetzen müssen oder wollen, als auch für Firmen, die nach neuen Geschäftsfeldern suchen. Demnach gehen die Vorteile über die Effekte besserer Wirkungsgrade hinaus. „Es gibt mehrfache Win-win-Chancen“, so Grau. „Voraussetzung ist jedoch, dass die Anlage individuell und genau geprüft und das Repowering fachgerecht durchgeführt wird. Ohne ein Mindestmaß an Spezialisierung bei den ausführenden Firmen geht das nicht.“

Anlagenbetreiber werden vom Thema Repowering meist kalt erwischt: Ein Wechselrichter ist defekt und muss so schnell wie möglich ersetzt werden, um die Ertragsverluste so gering wie möglich zu halten. Dabei reflexhaft nach dem gleichen Modell oder einem möglichst baugleichen Gerät zu greifen, hält Holger Grau für keine gute Idee. Ist der defekte Wechselrichter noch in der etwa fünfjährigen Garantiezeit oder ist diese bereits abgelaufen, gibt es nach Austausch oder Reparatur nur eine sehr beschränkte Ersatzgerätegarantie. Zudem hat ein Ersatzgerät oft den Stand der Technik des Ursprungsgerätes, also meist einen niedrigeren Wirkungsgrad und weniger Kommunikationsfunktionen als neue Modelle. Je älter der defekte Wechselrichter ist, umso größer ist diese Diskrepanz. Und der veraltete Stand der Technik betrifft natürlich auch nicht defekte Geräte, wenn die Anlage mit mehreren Wechselrichtern läuft – zumal bei diesen alternde Bauteile und steigende Übergangswiderstände noch zusätzlich den Ertrag verringern.

„In den meisten Fällen ist bei einem Gerätetausch der Einsatz aktueller Wechselrichter am sinnvollsten: Sie sind technisch auf dem neuesten Stand und haben wieder eine volle Herstellergarantie“, sagt Grau. Darüber hinaus gebe es noch weitere Vorteile wie erweiterte Kommunikations- und Datenaufzeichnungsoptionen, was das Erkennen und Beheben von Fehlern verbessert und damit die Anlagenverfügbarkeit. Und: „Werden Wechselrichter Betriebsführung Ertragdreiphasige permanent phasensynchron einspeisende Neugeräte eingesetzt, erhöht sich die Netzstabilität, zumal dann der Betrieb gemäß der Richtlinie VDE AR-N 4105 möglich wird und auch Altanlagen mit weniger als zehn Kilowatt Nennleistung nicht mehr bei 50,2 Hertz abschalten.“

Für Anlagenbetreiber besonders interessant ist der finanzielle Aspekt, der für jede Anlage individuell berechnet werden muss. „Wird bei einer Zehn-Kilowatt-Anlage nach dem Gerätetausch eine um drei Prozentpunkte bessere Effizienz erreicht, ergibt das beispielsweise nach 15 Jahren einen Mehrertrag von rund 2.170 Euro für Anlagen aus 2008“, rechnet der Ingenieur vor. Sei die Anlage älter, könne der finanzielle Vorteil – trotz kürzerer Vergütungslaufzeit – noch größer sein, da sowohl die Effizienzsteigerung als auch die Vergütung höher seien. Ab einem gewissen Alter des Wechselrichters kann sich ein Austausch allerdings nicht mehr innerhalb der EEG-Vergütungszeit amortisieren.

Gleichzeitig werden Wechselrichter immer billiger: Einer Studie des US-Marktforschungsinstituts IHS zufolge soll der weltweite Umsatz mit Wechselrichtern 2014 um neun Prozent auf 6,4 Milliarden US-Dollar sinken, obwohl der Absatz um sieben Prozent zulegen soll; der durchschnittliche Preis je Watt wird laut IHS auf 0,18 Dollar fallen. Zudem verkürzen steuerliche Vorteile den Amortisationszeitraum. Und nicht defekte Wechselrichter können auf dem Gebrauchtmarkt verkauft oder als Ersatzgeräte dort eingesetzt werden, wo der Einbau eines neuen Geräts nicht wirtschaftlich oder zu aufwendig ist.

„Wenn die Wechselrichter älter als fünf Jahre sind, ist es grundsätzlich sinnvoll zu prüfen, ob ein Repowering in Frage kommt“, findet Michael Groll von Refusol. „Damals waren die Wirkungsgrade niedriger und die Einspeisevergütungen wesentlich höher.“ Technische Hürden, die unüberwindbar sind, sieht er dabei nicht. „Aber selbstverständlich muss der neue Wechselrichter passend zur Auslegung der damaligen Anlagenplanung ausgewählt werden. Dann ist ein Austausch unproblematisch.“ Aus Sicht von SMA besteht durch die permanente Weiterentwicklung der Technologien die größte Herausforderung: Es sei nicht immer einfach, die Abwärtskompatibilität der Komponenten sicherzustellen. Allerdings sieht keines der befragten Unternehmen ein Problem darin, ein Gerät mit passendem Eingangsspannungsbereich zu finden.

Holger Grau hält die Prüfung, welches aktuelle Gerät die beste Performance in der Bestandsanlage bietet, für entscheidend. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Wechselrichter sei diese Auswahl auch nicht trivial, da mehrere Punkte relevant seien, beispielsweise der MPP-Spannungsbereich, der maximale DC-Eingangsstrom und die Anzahl der DC-Eingänge des Neugerätes. Außerdem müsse berechnet werden, wie groß beispielsweise für Änderungen in der AC-Installation der Aufwand für den Einbau eines neuen Wechselrichters ist und ob sich eventuell mehrere Altgeräte durch ein neues ersetzen lassen – SMA zufolge ein wichtiger Punkt, da so die Überwachung vereinfacht und der Serviceaufwand deutlich reduziert werden könne.

Außerdem müsse man prüfen, so Grau, ob durch den Umbau der Bestandsschutz in wichtigen Bereichen verloren geht. Denn der Netzbetreiber muss über den Einbau eines anderen Wechselrichters informiert werden und auch darüber, nach welcher Norm das Gerät in Betrieb genommen wird. „Unter Umständen wird dann das Einhalten neuer Regelungen gefordert, die sich nachteilig auf den Ertrag auswirken können – zum Beispiel Blindleistungsbereitstellung gemäß VDE AR-N 4105. Um das auszugleichen, muss man gegebenenfalls für Neugeräte höhere AC-Leistungen wählen.“

Das Marktpotenzial, das Repowering von Wechselrichtern Solarunternehmen bietet, ist groß. Holger Grau hat ausgerechnet, dass in Deutschland allein bis Ende 2008 etwa eine Million Wechselrichter verbaut wurden – für diese Geräte ist die Herstellergarantie in der Regel inzwischen abgelaufen, zudem sind einige Hersteller vom Markt verschwunden. „Wenn man in dieser Gruppe eine Defektrate von einem Prozent annimmt, was eher eine vorsichtige Schätzung sein dürfte, müssen 2014 in Deutschland 10.000 Wechselrichter ersetzt werden“, so Grau. „Werden beim Austausch defekter Geräte die weiteren Altgeräte mitgetauscht, kann sich die Anzahl der zu tauschenden Geräte vervielfachen.“

Angesichts der Zubauzahlen in der Zeit nach 2008 wird das Repowering-Potenzial in den nächsten Jahren weiter steigen. Solarunternehmen können hier zusätzliche Umsätze erzielen – zumindest in den nächsten Jahren, solange noch in etlichen Anlagen Wechselrichter mit schlechten Wirkungsgraden arbeiten. Holger Grau schätzt, dass das Geschäftspotenzial im Anlagenbestand in absehbarer Zeit wichtiger werden wird als das Neuanlagengeschäft. „Außerdem wird dieses Thema früher oder später auch für andere Länder Europas oder der Welt relevant.“