Abfall zu Gold
Bei Entsorgern und Verwertern ist alles im Fluss. Besonders das Geld...
Eine Zelle ist ein perfekter Recyclingbetrieb. Ausgediente oder fehlerhafte Proteine werden sortiert und geschreddert, aus den Aminosäure-Schnipseln entstehen wieder neue Proteine. Etwas anderes kann sich eine Zelle gar nicht leisten. Ohne diesen Kreislauf würde sie ihre kostbarste Ressource verschleudern und am eigenen Müll ersticken.
Jetzt ist diese Milliarden Jahre alten Erkenntnis – wenn auch nicht die Perfektion – oberhalb der Zellebene angekommen. Statt von Müll und Abfall ist von Sekundärrohstoffen die Rede, von Stoffstrommanagement statt Entsorgungswirtschaft, von der Deponie als Bergwerk der Zukunft – und von Geld statt Umwelt. Stolze 50 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr beschert der Müll Entsorgern und Verwertern in Deutschland, schätzt das Bundesumweltministerium. Genaue Zahlen hat nicht einmal das Statistische Bundesamt. Das liegt unter anderem daran, dass nur ein einziger deutscher Entsorger börsennotiert ist und die übrigen Firmen ihre Bücher möglichst verschlossen halten. Aber die Verteilungskämpfe zeigen: Der oft so lästige Abfall hat sich von der Jauche- zur Goldgrube gewandelt.
Der neue Glanz zieht findige Unternehmer an. Mitte der 90er-Jahre war der Preis für Altpapier negativ, die Entsorgung musste bezahlt werden. Heute kann die Zeitung von gestern den Kontostand erhöhen: Die Berliner Papierbank vergütet jedes Kilo Altpapier mit mindestens vier Cent, für fleißige Sammler gibt es Zuschläge. 2004 hat Dirk Bernhardt die erste Filiale am Alexanderplatz eröffnet, jetzt betreibt der Ingenieur in fünf Bundesländern knapp 60 Sammelstellen und will das Modell als Franchisesystem weiter ausbauen. Besonders Unternehmen, Schulen und Kindergärten nutzen diese Möglichkeit, aus der Last der Müllentsorgung eine Lust zu machen. Und auch die Zahl derer, die sich sammelnd ein Zubrot verdienen, steigt.
„Das bisher vom Umweltgedanken getriebene System der Abfallwirtschaft steht kurz vor der Umstellung auf ein ökonomisches System“, beobachtet Holger Krawinkel, Leiter des Fachbereichs Bauen, Energie und Umwelt beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Die rasant gestiegenen Preise für viele Rohstoffe haben das Augenmerk der Wirtschaft auf Ressourcen gelenkt, die sie vor der Haustür statt auf dem Weltmarkt beschaffen können. Das Prinzip heißt Urban Mining: Statt natürlicher Lagerstätten werden werthaltige Abfälle als Rohstoffquelle genutzt. Das aktuelle Volumen der so eingesparten Rohstoffimporte schätzt Hubertus Bardt, Leiter der Forschungsstelle Ökologie/Ökonomie am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, schon allein für den Bereich Stahl, Aluminium und Verpackungen auf 4,2 Milliarden Euro – die Gesamtsumme dürfte deutlich höher liegen, und der Zuwachs ist mit 13 Prozent im Jahr durchaus üppig.
Dass sich mit Schrott aus Stahl und Buntmetall lukrative Geschäfte machen lassen, weiß nicht nur die Industrie. Die Diebstahlmeldungen häufen sich. In Nürnberg etwa verschwanden vor kurzem gleich 45 Tonnen Kupfer von einem Firmengelände, samt darunter befindlichem Sattelschlepper. Die Täter scheuen jedoch auch vor größeren Anstrengungen nicht zurück, bundesweit lassen sie Schienen, Kabel, Geländer oder Skulpturen mitgehen. Der Westdeutsche Rundfunk sichtete bereits einen neuen Tätertypus, „angenehm breitschultrig und muskulös“.
Einen anderen Tätertypus haben Entsorger im Blick, wenn sie über Papierdiebstahl klagen: die Konkurrenz. Kommunale Firmen streiten sich in vielen Städten auf der Straße und vor Gericht mit privaten Anbietern um das Recht, das auf dem Weltmarkt begehrte Altpapier der Bürger sammeln (und dann verkaufen) zu dürfen – ein Konflikt, der übrigens die Berliner Papierbank nicht betrifft, da sie Wertstoffe von Privatleuten zwar annimmt, aber nicht bei ihnen abholt. Die zerstrittenen Unternehmen werfen sich gegenseitig vor, Häuserkampf mit der blauen Tonne zu führen, Sammelbehälter der Konkurrenz zu leeren oder gleich ganz verschwinden zu lassen. Die Gerichte haben den Privaten den Rücken gestärkt, schließlich sei das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zum Schutz von Umwelt und Ressourcen gedacht, nicht zum Wohle der öffentlichen Hand.
Die kommunalen Entsorger sind empört, es gehe den privaten Firmen doch nur um hohe Renditen. „Wertstofferfassung wird nur dort angeboten, wo auch Gewinne zu erwarten sind. Diese Rosinenpickerei läuft jedoch einer nachhaltigen Wertstoffwirtschaft zuwider“, beklagt der Verband kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (VKS) – und lässt durchblicken, die Müllgebühren könnten ohne diese Wertstofferlöse steigen. Für Karsten Hintzmann, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), zu dessen Mitgliedern auch die Branchenriesen wie Alba, Remondis, Interseroh oder Veolia gehören, ist dieser Papierkrieg nur eine Front der heftigen Verteilungskämpfe zwischen den privaten und den kommunalen Abfallentsorgern. An einem fairen Wettbewerb fühlen sich die Privaten jedoch gehindert: Da die Müllabfuhr gesetzlich unter die Daseinsvorsorge fällt, unterliegen öffentlich-rechtliche Betriebe nicht der Mehrwertsteuerpflicht. Der Verband hat bei der EU Beschwerde gegen diese Ungleichbehandlung eingelegt, die Entscheidung steht noch aus.
Für den Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse), der vor allem die Anliegen kleiner und mittlerer Unternehmen vertritt, sind dagegen weniger die Kommunen das Problem, sondern die großen Konzerne, die vertikal aufgestellt, also Entsorger und Systemdienstleister in einem sind. Sprecher Jörg Lacher: „Die größten Fusionen liegen hinter uns, die Private-Equity-Unternehmen haben sich ernüchtert wieder abgewandt. Aber jetzt kämpft der Mittelstand um seinen Marktanteil.“ Ob mit oder ohne Mehrwertsteuerprivileg: „Die Branche zerfleischt sich“, beschreibt Thomas Obermeier, Präsident der Deutschen Abfallgesellschaft (DGAW), die laufende Konsolidierung. „Jeder kämpft gegen jeden – so schlimm ist es nicht einmal im Einzelhandel.“
Noch vor 20 Jahren deutete nichts auf diesen Umschwung hin. Für Papier, Glas und Altkleider gab es erste Container, Umweltbewegte fütterten ihren Komposthaufen, Schrotthändler sammelten alte Herde und Waschmaschinen, der Rest des Mülls wanderte auf Deponien. Bis der Gesetzgeber 1991 eine Extraklasse Müll definierte: Verpackungen.
Die Zelle markiert ihren zu verwertenden Abfall mit dem Molekül Ubiquitin. Die Industrie erfand den Grünen Punkt. Der für die Entsorgung der so markierten Verpackungen eingeführte gelbe Sack war Vorbote einer bunten Tonnenkolonne, die nach dem 1996 erlassenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in den Kommunen aufmarschierte und den Teebeutel zum Stammtischthema machte: Inhalt zum Biomüll, Schildchen und Säckchen zum Papier, den Faden zu den Textilien – und die Metallklammer zum Restmüll, schließlich wäre sie im gelben Sack ein Fehlwurf. Noch mehr als das als mühselig empfundene Sortieren erhitzte die Gemüter allerdings das System hinter dem Grünen Punkt.
In der Zelle übernehmen etwa 30.000 Proteasomen die Verwertung der markierten Proteine. Für den Grünen Punkt war zehn Jahre lang ein einziges Unternehmen zuständig. Ein Schönheitsfehler, den das Bundeskartellamt 2001 korrigierte. Inzwischen macht ein gutes halbes Dutzend Dienstleister dem Platzhirsch Duales System Deutschland (DSD) das Revier streitig. Und über die viel belächelten Sortierkonzepte lacht niemand mehr. Einige Anbieter haben das Prinzip der gelben Tonne sogar weiterentwickelt: In die Gelbe Tonne plus kommen nicht nur Verpackungen mit Grünem Punkt, sondern auch kleine Elektrogeräte und stoffgleicher Müll wie die undichte Gießkanne oder alte Töpfe – Wertstoffe, die bislang als Fehlwürfe galten. „Die Sortierung in den Haushalten bringt enorm viel“, betont Jörg Lacher. Je besser die Stoffe vorsortiert sind, desto geringer ist der Aufwand der Unternehmen und desto besser die Qualität der Inhaltsstoffe – und desto größer das Interesse des Marktes.
Dieses Marktinteresse ist es, das in den vergangenen drei bis fünf Jahren aus dem Regeldickicht rund um den Abfall eine Parklandschaft gemacht hat. Recycling, Wieder- und Weiterverwertung boomen nicht nur wegen rechtlicher Vorgaben und neuer technischer Möglichkeiten. Offizielles Ziel ist zwar nach wie vor die Minimierung des Restmülls: Seit 2005 dürfen Siedlungsabfälle nicht mehr unsortiert deponiert werden, das notwendige Verbringen, Verbrennen, Verkapseln sind geldwerte Arbeitsschritte. Das meiste Geld steckt jedoch nicht in der Dienstleistung, sondern in den Bestandteilen des Mülls, die sich verwerten lassen – bei Hausmüll immerhin rund 90 Prozent.
Und das große Müllschlucken hat gerade erst angefangen. Schrott, Altglas und Altpapier sind bekannte Leckerbissen für die Verwerter, aber auch andere Stoffe der Technosphäre verfügen über Nähr- in Form von Mehrwert. Im Müll steckt zudem nicht nur Material, sondern auch Energie. Bei der thermischen Verwertung – ultima ratio der Kaskadennutzung – entstehen Wärme und Strom, bei der Vergärung Biogas. Biologische Abfälle können außerdem Antriebsmittel zur Entschärfung der laufenden Teller-Tank-Diskussion liefern: Wasserstoff für Brennstoffzellen, Biosprit und -diesel der zweiten Generation.
Für Michael Braungart ist Energiegewinnung aus Abfall allerdings alles andere als ein erstrebenswertes Ziel. „Verbrennung ist eine Primitivtechnik der Entsorgung“, sagt der vielfach ausgezeichnete Chemiker und Verfahrenstechniker, der seit über 20 Jahren dafür kämpft, das Konzept Abfall zu beseitigen: mit dem Prinzip Cradle to Cradle, einem Modell für industrielle Prozesse, in dem alle Materialien in geschlossenen biologischen oder technischen Kreisläufen fließen. „So tun als ob“ überschreibt er die aktuelle Mülldebatte. „Wir perfektionieren das falsche System, wenn wir uns weiter auf das Recycling von Dingen konzentrieren, die nie für Recycling gemacht worden sind – der Umgang mit der Welt ist so vielleicht etwas weniger schlecht, aber noch lange nicht gut.“
Gut ist in erster Linie der Imagewandel, den Entsorger und Recycler gerade erleben. Die Unternehmen räumen in den Augen der Gesellschaft nicht mehr den Dreck weg, sondern stellen wertvolle Materialien bereit. Wirkliches Umdenken müsste laut Braungart aber anders aussehen. „Die Stoffströme laufen hier nach wie vor viel zu linear. Andere Länder sind den Deutschen weit voraus“, meint der Wissenschaftler und verweist auf Japan, die USA, die Niederlande. „In diesen Ländern haben die Leute verstanden, dass es um eine Qualitätsdebatte geht, nicht um eine Moraldebatte.“ Diesen Lernschritt verhindert für Braungart der typisch deutsche Ökologismus. „Mutter Natur wird romantisiert und beschönigt, dem Menschen als Schädling und Störfaktor ein schlechtes Gewissen gemacht – dieses Schuldmanagement beherrschen wir perfekt.“
Ohne Blick über den Tellerrand geht es ohnehin nicht. „Der Sektor muss deutlich internationaler werden“, fordert Matthias Buchert, beim Öko-Institut zuständig für nachhaltige Ressourcenwirtschaft. Schon allein, weil wie bei E-Schrott und Altautos über die globalen Warenströme so viel Material abfließt. So brauchen Hafenbehörden klare Kriterien, damit sie Abfall von Gebrauchsgütern unterscheiden können. Auch der Know-how-Transfer in die Zielländer dieser Lieferungen ist wichtig: „Internationale Arbeitsteilung ist ein erster Schritt – in Afrika könnten viele Menschen Geld verdienen, wenn sie Abfall sammeln, zusammenführen und mit richtigem Handling für den Transport zu spezialisierten Aufbereitungsanlagen in aller Welt vorbereiten.“ Und die Anlagenbetreiber müssten sich weniger Sorgen um die Stoffströme machen.
Und was tut sich an der Tonne? „Die Auseinandersetzung, die wir gerade um Papier erleben, wird sich bei anderen Wertstoffen fortsetzen“, meint DGAW-Präsident Obermeier. Außerdem sieht er die Abfallwirtschaft als künftigen Gegenspieler der großen Energieversorger. Der Verein – Motto: Aus Liebe zum Abfall – tut einiges, um das Wissen rund um Ressourcenschonung und Stoffstrommanagement zu erweitern, gerade hat der Vorstand ein Promotionsstipendium in Höhe von 30.000 Euro vergeben. Mehr Know-how könnte nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch die Bürger. „Ich glaube an die Möglichkeit, dass sich die Müllentsorgung trägt“, bekräftigt Obermeier. Denkbar sei, dass die Bürger für die Leerung ihrer Restmülltonne zahlen, aber für ihre gesammelten Wertstoffe eine Vergütung bekommen. Auch Verbraucherschützer Krawinkel sieht eine große Diskussion um Müllgebühren auf die Entsorgungsfirmen zukommen, denn „die Wertstofferlöse könnten die Entgelte deutlich sinken lassen“.
„Eine schöne Vision“, bremst BDE-Sprecher Hintzmann. Schließlich habe die Branche in den vergangenen 15 Jahren über 30 Milliarden Euro in modernste Technik investiert, um die heutigen Recyclingquoten überhaupt erreichen zu können – und weitere Investitionen seien absehbar. Auch bvse-Mann Lacher ist skeptisch; bei vielen Wertstoffen sei unklar, wie sich die Preise entwickeln. Für Buchert deutet allerdings nichts auf ein Sinken der Preise hin, selbst wenn Rohstoffe physisch oft gar nicht knapp sind. Aus seiner Sicht werden viele Ängste um Versorgungssicherheit oder vor politischen Instabilitäten eingepreist – was auch die parallel verlaufenden Preise für Sekundärrohstoffe oben hält.
Krawinkel sieht das Problem mehr in den „wahnsinnig undurchschaubaren Strukturen“ der Branche und dem „merkwürdigen Mischsystem von Ordnungsrecht und Privatwirtschaft“. Wie Obermeier ist er sicher, dass der Wert des in den Haushalten anfallenden Müllgemischs die Kosten der Entsorgung zumindest decken könnte. Die gesamte Entsorgung in eine Hand zu geben, sei aber keine Lösung, „das müsste dann die Bundesnetzagentur kontrollieren“. Auch gebe es sowohl bei privaten als auch bei kommunalen Betrieben Vor- und Nachteile: Die Privatwirtschaft sei zu sehr renditegetrieben, bei der öffentlichen Hand drohe die Quersubventionierung anderer Bereiche.
Es muss sich rechnen, scheint die Maxime. „Volkswirtschaftlich sind Sekundärrohstoffe als Ersatz für Primärrohstoffe nur dann sinnvoll, wenn es sich auch betriebswirtschaftlich lohnt“, bestätigt IW-Experte Bardt. Wenn sich gleichzeitig die Abhängigkeit von Rohstoffimporten verringere, sei das ein willkommener Nebeneffekt. Dass bei sinkenden Rohstoffpreisen die Verwertungsrate wieder abnimmt, hält er aber nicht für wahrscheinlich: „Viele Kunden fordern von Unternehmen die Einhaltung ökologischer Standards ein. Und wenn Recyclingstrukturen erst einmal da sind, baut man sie auch nicht so schnell wieder ab.“ In der aktuellen Situation baut man sie ohnehin am besten erst einmal aus. Die Berliner Papierbank akzeptiert seit einem Jahr diverse Fremdwährungen: Außer Papier können die Kunden CDs und DVDs, Metalle, Folien, Glas und Textilien auf ihre Konten einzahlen, für vier bis zehn Cent je Kilo. Und auf mehr Lust statt Last auch über das Materielle hinaus hofft Michael Braungart: „Wenn alle verwendeten Stoffe ungiftig, alle Bestandteile voneinander trennbar sind, ist die Zeit des schlechten Gewissens vorbei.“
Die Zelle hat es leicht. Sie hat kein schlechtes Gewissen. Und muss sich nur um den Stoffkreislauf kümmern.
Kunststoffe Weltweit bestehen über die Hälfte aller Kunststoffverpackungen aus Polyethylenterephthalat (PET) – aus recyceltem PET wiederum entstehen neue Flaschen, Folien, Bänder oder Funktionstextilien. Styropor lässt sich zu Polystyrol umschmelzen, dem Grundstoff für neue Styroporprodukte. Moderne Polymerverbindungen sind kompostierbar, PVC kehrt in Form von Fenstern, Bauprofilen, Industrieböden oder Kabelschutzrohren zurück, andere Recyclate werden für Rohre, Halterungen, Dübel, Transportboxen oder Kanalabdeckungen verwendet. Und aus Mischkunststoffen entsteht ein Agglomerat, aus dem ihr chemischer Ausgangsstoff zurückgewonnen werden kann: gecracktes Naphta, ein Erdöldestillat.
Metallverpackungen Dosen, Folien, Kronkorken, Verschlüsse lassen sich leicht aus dem Verpackungsmüll aussortieren. Stahl- und Weißblech sowie Aluminium werden dann ohne Qualitätsverlust recycelt und auf dem engen Weltmarkt wieder verkauft.
Elektro- und Elektronikschrott Die bayrische Firma Adamec baut gerade eine Pilotanlage, die Kunststoffe aus ausgedienten Geräten zurückgewinnen soll. Und auf die Metalle konzentrieren sich Spezialisten wie Umicore Precious Metals Refining in Belgien oder Dowa Eco-System in Japan. Angesichts der hohen Weltmarktpreise ein lohnendes Geschäft, denn in Mobiltelefonen, PCs und Laptops verbergen sich große Mengen Gold, Silber, Platinmetalle und Kupfer. Hinzu kommen Metalle wie Zinn, Indium, Antimon und Bismut. Auch andere Geräte von der Waschmaschine bis zur Stereoanlage liefern deutlich mehr Metall als die vergleichbare Menge Erz – sofern es überhaupt Bergbau gibt: In Deutschland werden seit 20 Jahren keine Metalle mehr gefördert, und für einige Rohstoffe ist die Firma Umicore die einzige „Mine“ in ganz Europa.
Bio- und Grünabfälle Steigende Preise für mineralische Dünger, allen voran Stickstoff und Phosphor, lassen bei Landwirten und Gärtnern die Nachfrage nach Kompost steigen. Außerdem gilt sein Einsatz als ein Stück aktive Bodenpflege, um die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Flächen zu sichern. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg bezeichnet den Einsatz von Kompost in einer aktuellen Studie als „Gebot der wirtschaftlichen und ökologischen Vernunft“.
Verbrennungsrückstände Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen enthalten Phosphor und Metalle wie Eisen, Aluminium, Zink und Kupfer, die sich dank moderner Technik retten lassen. Versuche der Hochschule Rapperswil haben ergeben, dass sich in der Schweiz so die Menge der recycelten Metalle verdoppeln ließe, trotz Mülltrennung in den Haushalten. In Deutschland wird allein die Menge an Schrott aus Eisenmetallen auf 270.000 Tonnen geschätzt – zu wertvoll, um ihn mit der Schlacke dem Bausektor zu überlassen.
Altfahrzeuge Von den 2006 beim Kraftfahrtbundesamt gelöschten gut drei Millionen Fahrzeugen wurden 2,5 Millionen nicht in Deutschland verwertet – laut einer Studie des Öko-Instituts ein Verlust von rund 1,3 Millionen Tonnen Stahl, 180.000 Tonnen Aluminium und 110.000 Tonnen weiterer NE-Metalle wie Kupfer und Blei. Mit den Katalysatoren gingen außerdem 6,25 Tonnen Platinmetalle verloren. Unwiederbringlich: Jedes Jahr wird ein großer Teil der gelöschten Fahrzeuge über den Hamburger Hafen nach Westafrika exportiert, wo die schlechte Spritqualität die Katalysatoren zerstört.
Baustoffe Bauschutt, Straßenaufbruch und Bodenaushub sind Grundlage für neue Materialien für den Straßen- und Erdausbau, den Landschaftsbau und zur Herstellung von Beton. In leer stehenden Gebäuden finden sich außerdem Metalle, Glas und Kunststoffe – das Wuppertal Institut hat daher angeregt, den Energiepass für Gebäude zu einem Ressourcenpass auszubauen. Überraschungen wie beim Berliner Palast der Republik könnten so künftig vermieden werden: Die enorme Asbestbelastung des Gebäudes trübt bei Bund und Land die Freude über 20.500 Tonnen Stahl deutlich. Und auch das Öko-Institut sieht in nicht mehr genutzten Gebäuden und Infrastrukturen ein enormes Materiallager, das sich nicht nur durch Rückbau erschließen lässt: Eine Reform der Grunderwerbssteuer könnte die Menschen dazu bewegen, einen bestehenden Bau zu sanieren, statt auf der grünen Wiese einen neuen zu errichten.