Mobiler Strom für Afrika
Africa Green Tec will mit einer mobilen Photovoltaik-Kraftwerken plus Speicher zum ersten dezentralen Energieversorger Afrikas werden und gleichzeitig die regionale Entwicklung anstoßen. Bei der Finanzierung hilft die Crowd...
Den Impuls brachte eine Reise nach Mali. Dort besichtigte Torsten Schreiber im Sommer 2014 ein 20-Megawatt-Dieselkraftwerk mit Generatoren aus den 60er Jahren, das für die Grundversorgung der Hauptstadt Bamako täglich 170.000 Liter Diesel verbrennt – und fasste den Entschluss, fossile Energieerzeugung in Afrika durch moderne und nachhaltige Methoden zu ersetzen. Ergebnis war die Gründung des Projektentwicklers Africa GreenTec. Kein klassisches Photovoltaik-Startup, wie Schreiber betont: „Unser Ziel ist Veränderung, nicht Renditemaximierung.“ Dafür erhielt Africa GreenTec den pv magazine award in der Kategorie „top business model“.
Mission des Social Startups Africa GreenTec ist es, Dörfer in der Sub-Sahara mit erschwinglichem erneuerbaren Strom zu versorgen. Das Mittel dazu – Prinzip Plug & Produce – passt in einen klassischen 20-Fuß-Container. Dieser enthält Solarmodule, die wie bei einem Satelliten auf ausziehbaren Flügeln montiert sind. Diese Flügel entfalten sich beim Aufbau je nach Ausbaustufe zu einer Fläche von bis zu 150 Quadratmetern. Die Nennleistung der Photovoltaikanlage ist variabel und liegt zwischen 37,44 und 47,52 Kilowatt. Auch die Kapazität der Lithium-Ionen-Speicher lässt sich mit 30 bis 120 Kilowattstunden an den örtlichen Bedarf anpassen. Vorteil des Containersystems: Alle wertvollen Komponenten können schnell gesichert werden – für eine Standortänderung oder um sie vor Unwetter, Vandalismus oder Diebstahl zu schützen.
Gleichzeitig soll Torsten Schreiber zufolge aus dem Solarcontainer ein sogenannter Hub werden, eine Drehscheibe für nachhaltige Entwicklung, Bildung und Ausbildung. Vielfältige technische Erweiterungen sind möglich: Smart Meter, Prepaid-Varianten für den Betrieb als autarkes Mini-Grid, Internetzugänge, Elektromobilität, Kühlung von Agrarerzeugnissen oder Medikamenten. Mit jedem Container werden energieeffiziente LED-Leuchtmittel mitgeliefert und lokale Energiespezialisten geschult, um das Bewusstsein für den möglichst effizienten Einsatz der Energie zu fördern. Einem Dorf mit Zugang zu Stromversorgung können gebrauchte Laptops gespendet werden, welche die Organisation Labdoo mit Lernprogrammen auch in Landessprache ausstattet. Durch den Zubau weiterer Container lassen sich die Standorte zudem skalieren.
Die Africa GreenTec GmbH & Co.KG mit Sitz in Hainburg entwickelt, produziert und baut die Solarcontainer, mit der eigens gegründeten Projektgesellschaft Mobile Solarkraftwerke Afrika GmbH & Co. KG mit Sitz in Eschborn wird die Finanzierung gestemmt. Eine Pilotanlage läuft seit September 2015 in Mali: Das Dorf Mourdiah – 120 Haushalte, 1000 Menschen, fünf Gewerbekunden – wird mit dem Solarcontainer plus Speichersystem ohne Anbindung an eine fossile Stromversorgung versorgt. Auf der Plattform bettervest hatten die Initiatoren dafür von 174 Investoren 107.700 Euro eingesammelt. Ein zweiter Container wurde Ende 2015 über die Plattform Greenvesting finanziert und ist gerade im Bau. Am dritten und vierten Container für das Dorf Djoliba können sich Interessenten aktuell bei bettervest beteiligen: Die Investition wird über acht Jahre mit 7,25 Prozent Zinsen als Annuität zurückgezahlt – die Fundingschwelle ist bereits geknackt. „Künftig integrieren wir in unsere Solarcontainer eine Dualsystem-Wasserreinigungsanlage“, beschreibt Pressesprecher Christian Deiters den Unterschied zu den bereits bestehenden Anlagen. „Dann können wir die Haushalte nicht nur mit Strom, sondern auch 1500 Litern sauberem Wasser pro Stunde versorgen.“
Das Konzept überzeugte übrigens jetzt auch die Regierung in Mali, die mit dem Startup eigenen Angaben zufolge einen Kooperationsvertrag für die Erschließung weiterer Standorte geschlossen hat. Modell des Unternehmens: Die afrikanische Gemeinde bezieht den Container in den ersten Jahren per Mietkauf, zahlt einen Strompreis etwa in der Höhe der heute dort aus Diesel erzeugten Kilowattstunden, übernimmt den Container nach einigen Jahren und profitiert anschließend von fast kostenloser elektrischer Energie. Sollten die Raten ausbleiben, lässt sich der Solarcontainer vom Standort abziehen – diese Option ist Schreiber zufolge nötig, damit ein Dorf die Solarmiete zuverlässig zahlt.
Allein ist Africa GreenTec auf dem Großmarkt Afrika allerdings nicht. Qinous entwickelt und vertreibt standardisierte Energiespeicherlösungen für die Versorgung von netzfernen Regionen, OneShore Energy ermöglicht eine standardisierte und validierte Planung und Betriebsführung von Solar-Diesel-Hybridanlagen. Und Ecoligo schließt Finanzierungslücken für Solarprojekte in Entwicklungsländern, indem es diese Projekte über Crowdinvesting finanziert.