Verhandlungssache
Für viele Hausbesitzer ist eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach eine lohnende Investition. Allerdings sehen das nicht alle so: Wenn das Haus verkauft werden muss, kann die Anlage zum Problem werden...
Den Verkauf seines Hauses hatte sich Werner Schmidt ein bisschen einfacher vorgestellt, als er seinen Arbeitsvertrag für eine neue Stelle am anderen Ende der Republik unterschrieb. Ein knapp fünf Jahre alter Neubau, kein Reparaturbedarf, gut geschnitten, liebevoll gestaltetes Grundstück, gelegen direkt vor den Toren Freiburgs – alles andere also als eine Problemimmobilie. Mit einem Ausstattungsmerkmal jedoch, auf das Werner Schmidt immer besonders stolz war, hatten die Interessenten dann doch ein Problem: mit der 5,7-Kilowatt-Photovoltaikanlage. Völlig unverständlich für Schmidt, der seinen richtigen Namen übrigens nicht gedruckt sehen will. „Das Haus selbst wollten viele haben, auch zu meinen Konditionen, aber die Photovoltaikanlage hat sie abgeschreckt. Keiner wollte sie wirklich haben, und vor allem wollte keiner dafür bezahlen. Da halfen weder die guten Komponenten noch die Super-Erträge der letzten Jahre – und auch nicht die Einspeisevergütung von 51,8 Cent je Kilowattstunde.“ Und den Hauspreis senken wollte Schmidt nicht, schließlich waren sowohl das Haus als auch die Anlage kreditfinanziert.
Johann-Mathias Gimpl, Bauingenieur und Gutachter für Grundstücksbewertung, wundert dieses Problem nicht wirklich. Aus seiner Sicht ist es von individuellem Geschmack und persönlichen Wertvorstellungen des Käufers abhängig, ob eine Immobilie auf Interesse stößt und der Wunschpreis des Verkäufers durchsetzbar ist – Photovoltaikanlagen können da ebenso auf Gegenliebe oder Ablehnung stoßen wie vergoldete Wasserhähne, Holzvertäfelungen oder ein Pool. Außerdem: „Es wird das Bestreben eines Verkäufers sein, einen möglichst hohen Preis zu erzielen, der Käufer wiederum wird versuchen, einen möglichst niedrigen Preis durchzusetzen.“ Aber auch wenn der Verkauf sich in der Praxis manchmal schwierig gestaltet, zumin dest theoretisch kann Gimpl Immobilien- und Anlagenbesitzer beruhigen: „Die typische Solarthermie- oder Photovoltaikanlage auf dem Dach ist sicherlich ein werterhöhendes Merkmal.“
Das sieht auch das auf die Wertermittlung von Gebäuden spezialisierte Unternehmen Sprengnetter Immobilienbewertung so. Auch wenn Inhaber Hans Otto Sprengnetter bei der Neuerrichtung von kleinen Photovoltaikanlagen auf Dächern von Wohnhäusern die Rentierlichkeit bezweifelt. „Bei bereits durchgeführter Investition besteht regelmäßig eine Werterhöhung gegenüber Objekten ohne Photovoltaikanlage.“ Diese Erhöhung, so der promovierte Ingenieur, „orientiert sich vorrangig am Barwert der Überschüsse aus den Einspeisevergütungen“.
Die Berechnungen, mit denen Gutachter und Sachverständige den offiziellen Zeitwert einer Photovoltaikanlage feststellen, sind komplex. Als Verhandlungsbasis für Käufer und Verkäufer haben sich jedoch inzwischen einige Faustformeln etabliert. Eine Variante ist, den Restwert einzusetzen, der in der Umsatzsteuererklärung angegeben wurde. Dieser Restwert ist jedoch unter Umständen – beispielsweise wenn zuvor Sonderabschreibungen geltend gemacht wurden – niedriger als der wirkliche Wert der Anlage, was für den Verkäufer kein angenehmer Gedanke ist und für den Käufer die möglichen Abschreibungen verringert. Andererseits: Liegt der Kaufpreis über dem Restwert, muss der Verkäufer die Differenz als Veräußerungsgewinn versteuern; er sollte das Thema also rechtzeitig mit seinem Steuerberater besprechen.
Eine andere Variante zur Kaufpreisermittlung ist, die bereits erfolgte Nutzung bis zum Verkauf in ein Verhältnis zu der Gesamtnutzungszeit von 20 Jahren zu setzen. In dem Fall wäre zum Beispiel eine Anlage, die neu 10.000 Euro netto gekostet hat, bei einem Verkauf nach fünf Jahren noch 7.500 Euro wert.
Der Rechtsanwalt und Steuerberater Stefan Rohde wiederum empfiehlt eine Formel, die einige wichtige Überlegungen beinhaltet: dass die Einspeisevergütung eine zentrale Rolle spielt, dass ein Teil des EEG-Förderzeitraums zum Stichtag bereits verstrichen ist und dass der Wertverlust nicht linear ausfällt. Aber unabhängig von allen Formeln steht für ihn eines fest: Kaum ein Verkäufer wird sich auf einen Kaufpreis einlassen, der niedriger ist als die Anschaffungskosten abzüglich der bereits erhaltenen Einspeisevergütung. „Für einen ‚Draufleger‘ dieser Art bräuchte es einen guten Grund.“
Sind sich Verkäufer und Käufer einig, dass Haus und Anlage den Besitzer wechseln, müssen sie einige Details beachten. Sinnvoll ist es in den meisten Fällen, im Kaufvertrag klar auszuweisen, welcher Betrag auf das Haus entfällt und welcher auf die Photovoltaikanlage, oder sogar zwei getrennte Verträge aufzusetzen. Zum einen wird für den auf die Anlage entfallenden Betrag keine Grunderwerbsteuer fällig, sofern es sich um eine Aufdachanlage handelt und der Strom in das öffentliche Netz eingespeist wird – gebäudeintegrierte Anlagen oder Anlagen für den Eigenverbrauch allerdings gelten als Gebäudebestandteil und unterliegen doch der Grunderwerbsteuer. Zum anderen besteht für den Kauf der Anlage keine Verpflichtung zur notariellen Beurkundung, so dass bei einem eigenen Vertrag keine Notargebühren anfallen.
Weiterer Punkt: Betreibt der Verkäufer nur diese eine Photovoltaikanlage auf dem Dach seines Hauses, handelt es sich bei dem Verkauf um einen sogenannten Unternehmensverkauf im Ganzen – das Unternehmen besteht nur aus der einen Anlage, es wird vom Käufer komplett übernommen und zu den alten Bedingungen weitergeführt. Ein solcher Unternehmensverkauf im Ganzen ist nicht steuerbar. Das bedeutet: Der Verkäufer darf keine Umsatzsteuer in der Rechnung ausweisen, demzufolge kann der Erwerber keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen.
Ist die Anlage mit Krediten finanziert, kann der Käufer diese Verbindlichkeiten eventuell übernehmen. Das muss jedoch frühzeitig mit der Bank besprochen werden, da der Käufer eventuell eine andere Bonität hat als der Verkäufer. Damit die Einspeisevergütung weiter fließt, wird im Kaufvertrag festgehalten, dass der Käufer in die Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Anlagenbetreiber und dem zuständigen Netzbetreiber eintritt. So kann auch der Garantiefall geregelt werden: Der Verkäufer tritt dazu alle seine Gewährleistungsansprüche gegen den Installateur und die Lieferanten der Komponenten an den Käufer ab.
Wenn Hausverkäufer partout keine Interessenten für ihre Immobilie inklusive Photovoltaikanlage finden, haben sie übrigens noch zwei andere Möglichkeiten. Eine Variante ist ein Umzug der Anlage, also die Demontage und erneute Montage auf einem anderen geeigneten Dach. Der Papierkrieg gilt als überschaubar: der Bundesnetzagentur den neuen Standort melden, einen Antrag auf Verlegung der Anlage beim Energieversorger stellen, das Finanzamt über den neuen Standort informieren. Da die Einspeisevergütung an der Anlage haftet oder vielmehr an den Modulen und deren Inbetriebnahmedatum für die Netzeinspeisung, läuft sie am neuen Standort wie gewohnt weiter. Ob ein solcher Umzug wirklich rentabel ist, muss jedoch mit Blick auf die Daten des neuen Daches und die anfallenden Solarteurkosten durchgerechnet werden.
Lohnender ist eventuell die zweite mögliche Variante, obwohl auch diese die Rendite drückt: das Haus ohne Anlage verkaufen, aber das Dach pachten und die Anlage selbst weiter betreiben. In diesem Fall sollte allerdings zur Absicherung im Grundbuch eine sogenannte Dienstbarkeit eingetragen werden, die Rechte und Pflichten regelt; auch ein detaillierter Gestattungsvertrag ist eine Möglichkeit. Ob sich der Hauskäufer auf diesen Weg einlässt, ist allerdings auch fraglich, da er zu etlichen Einschränkungen bei der Nutzung der Immobilie führt – beispielsweise müssen für Wartungsarbeiten Fremde Grundstück und Gebäude betreten, und verschattende Bepflanzungen wie hoch wachsende Bäume sind nicht zulässig.
Werner Schmidt konnte sein Haus übrigens letztlich doch inklusive Anlage und zu einem für ihn akzeptablen Preis verkaufen. Das verdankt er allerdings eher einem Zufall: Ein Bekannter vermittelte den Kontakt zu einem photovoltaikbegeisterten Arbeitskollegen auf Haussuche. „Ein Glücksfall für beide Seiten“, so Schmidt. „Wir sind uns dann sehr schnell einig geworden.“