Gebäudemonitoring für mehr Energieeffizienz

Auch in bereits bestehenden Nichtwohngebäuden lässt sich die Energieeffizienz deutlich verbessern – und das sogar ohne oder mit nur geringen Investitionen. Das zeigt das internationale Projekt „Building EQ“…

Für mehr als 40 % des europäischen Energieverbrauchs ist der Gebäudesektor verantwortlich. Kein Wunder also, dass die Europäische Union diesen Sektor in ihren Aktionsplan für mehr Energieeffizienz aufgenommen hat. Die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) schreibt seit Januar 2006 europaweit Energieausweise für Gebäude vor. Nationale Gesetze setzen diese Richtlinie in den Mitgliedstaaten um; in Deutschland beispielsweise wurde dazu die Energieeinsparverordnung EnEV zum 1. Oktober 2009 aktualisiert. Folge: Gebäudeeigentümer müssen bei Verkauf oder Vermietung einen Energieausweis vorlegen.

„So sinnvoll Zertifikate sind: Sie allein reichen nicht, um die Einhaltung der zertifizierten Werte – und damit den Klimaschutzeffekt – zu gewährleisten“, sagt Christian Neumann. „Ein Gebäude braucht permanentes Controlling, um kontinuierlich die zertifizierten Werte einzuhalten.“ Christian Neumann vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ist Koordinator eines EU-Projekts, in dem sich finnische, schwedische, italienische und deutsche Partner mit Gebäudemonitoring zur Verbesserung der Energieeffizienz in Nichtwohngebäuden befassen: Building EQ. Das Ziel des Projektes besteht darin, die im Rahmen der EPBD-Zertifizierung ohnehin erhobenen Daten des Gebäudes in Verbindung mit einem Monitoring der Energieverbräuche weiter zu verwerten, um die Gesamtenergieeffizienz des Anlagenbetriebes – Heizung, Lüftung, Klimatisierung – zu optimieren.

Denn die Praxis zeigt, dass Gebäude während des Betriebs überwacht werden müssen, da sich ständig etwas ändert – beispielsweise durch neue Nutzung, unterschiedliches Nutzerverhalten oder Alterung der Gebäudetechnik. „Man kann nichts managen ohne Messwerte“, wandelt Projektleiter Christian Neuman eine Management-Weisheit ab. „Wir haben im Projekt Werkzeuge entwickelt, mit denen über Monitoring die Effizienz des Gebäudes permanent überwacht wird.“ Sein Projekt, das seit 2007 läuft, endet im Dezember 2009.

Die Projektpartner untersuchten bei „Building EQ“ unter anderem, ob sich die Zertifizierung nach EPBD mit einer Betriebsüberwachung verknüpfen lässt. „Leider sieht die EU-Gebäuderichtlinie bislang kein Monitoring und damit keine Qualitätssicherung im Betrieb vor“, fasst Neumann die Ergebnisse zusammen. „Und die Situation wird erschwert durch die sehr unterschiedlichen nationalen Umsetzungen der EPBD in den einzelnen Mitgliedsstaaten.“ An einer Harmonisierung dieser nationalen Umsetzungen soll noch gearbeitet werden. Aber schon jetzt zeigt das Projekt, wie Besitzer bzw. Betreiber der Gebäude mit den erhobenen Daten an der Verbesserung der Energieeffizienz arbeiten können. „Wir wissen von vielen Demonstrationsgebäuden, dass man zwischen 5 und 30 % des Energieverbrauchs eines Gebäudes über Maßnahmen einsparen kann, die praktisch keine Investitionen erfordern“, berichtet Neumann. „Man stellt zum Beispiel die Heizkurve exakt ein oder schaltet die Lüftung ab, wenn sie nicht gebraucht wird.“ Praktisch heißt das unter anderem, dass überprüft werden muss, ob zum Beispiel nicht genutzte Räume trotzdem gerade beleuchtet und beheizt oder gekühlt werden; solche Verbraucher lassen sich ausschalten oder zumindest herunterregeln. Gerade in Nutzgebäuden geht auf diese Weise relativ viel Energie verloren – im Privatbereich wird erfahrungsgemäß mehr darauf geachtet, ob irgendwo sinnlos Licht brennt oder die Heizung unter dem geöffneten Fenster bullert.

Für Büros oder Industriegebäude sind also Nutzungsprofile notwendig, damit sich wirklich klar zeigt, wo Energie eingespart werden kann. Am besten funktioniert das mit einer permanenten Überwachung, damit immer auf neue Situationen und Änderungen reagiert werden kann. Dafür werden von allen technischen Systemen ständig aktuelle Messwerte über den Verbrauch benötigt. Problem: Gebäude bzw. haustechnische Systeme sind meistens nicht für eine solche Betriebsanalyse konstruiert, es gibt ein Missverhältnis zwischen der Praxis des Gebäudebetriebs und potenziell verfügbaren Technologien – aber ohne einen gewissen Mindestdatensatz geht nichts.

Fünf Bereiche wurden im Rahmen von „Building EQ“ für diesen Mindestdatensatz identifiziert: Wetter (Außenlufttemperatur, relative Außenluftfeuchte, Globalstrahlung), Verbrauch (Gesamtverbräuche von Brennstoffen, Strom, Wasser), Raumklima (Raumtemperatur und relative Raumluftfeuchte von einer oder mehreren Referenzzonen), Systemdaten (Vor-/Rücklauftemperaturen der Hauptwasserkreise, Zuluft-/Ablufttemperatur sowie relative Zuluft-/Abluftfeuchte der größten Lüftungsgeräte) und Betriebsrückmeldungen (Pumpen und Ventilatoren). Passende Softwarelösungen erlauben es dann, mit Hilfe von Visualisierungen wie Zeitreihen- oder Carpetplots oder statistischen Auswertungen Fehler oder Ausreißer im Energieprofil schnell und genau zu identifizieren – manuell oder soweit möglich auch automatisiert. Beispiele für die Aufbereitung solcher Daten zeigt das Fraunhofer-Institut ISE anhand der Demonstrationsgebäude des Projekts Building EQ. Die Projektpartner wollen in Zukunft diese automatische Visualisierung der Daten erweitern und konsolidieren und auf Grundlage der Visualisierung eine regelbasierte Fehlerdiagnose erarbeiten.

Für die Erfassung des Mindestdatensatzes sind meistens zusätzliche Installationen oder die Verbesserung der Gebäudeautomation notwendig. Aber die Investition lohnt sich zumindest mittelfristig, wie die Projektpartner errechnet haben: Die Kosten für Sensorik und Datenhaltung bzw. -transfer liegen demnach bei größeren Nichtwohngebäude in der Regel im Bereich von 10 bis 20 % der jährlichen Energiekosten, amortisieren sich also nach etwa 5 bis 10 Jahren.

Christian Neumann weist auf viele im Prinzip simple, aber nach wie vor bei Nichtwohngebäuden häufige Probleme hin, die ohne die entsprechenden Daten kaum zu identifizieren sind. Als typisch gelten beispielsweise Fehler wie ein nicht vorhandener oder ungenügender Absenkbetrieb, nicht abgestimmte Betriebszeiten beispielsweise von Ventilatoren, Umwälzpumpen oder Heizregistern, falsche Heiz- bzw. Kühlkurven, ein fehlender hydraulischer Abgleich, zu hohe Volumenströme bzw. eine zu geringe Temperaturspreizung der Heiz-/Kühlkreise, falsch dimensionierte Erzeugeranlagen und nicht zuletzt Fehler in der Messtechnik wie falsche Wandlerfaktoren, falsch aufgelegte Zähler oder nicht kalibrierte Sensoren.

Der Weg zu einer wirklich effizienten Nutzung von Energie im Gebäudesektor ist also noch weit. Aber, sagt Christian Neumann: „Dieses Potenzial muss einfach genutzt werden.“