Medaillen-Hoffnung

Olympisches Edelmetall erhöht den Marktwert und erleichtert die Geschäfte – das gilt nicht nur für Sportler…

Luis Sanchez Rodriguez strahlt. „Wie sind alle unglaublich stolz.“ Der Manager der chilenischen Mine Escondida hält eine Hand voll Gestein in die Höhe. „Die Medaillenzeremonien sind die wichtigsten und emotionalsten Momente der olympischen Spiele. In Peking wird das Metall vieler Medaillen aus dieser Erde kommen, in der wir jeden Tag arbeiten. Das ist sehr aufregend.“

Die Mine Escondida gehört dem australischen Konzerns BHP Billiton. Das größte Bergbauunternehmen der Welt ist seit 2005 offizieller Sponsor der olympischen Spiele in Peking. Zu diesem Sponsoringpaket gehört finanzielle Unterstützung für die olympischen und die paralympischen Spiele, für das Chinesische Olympische Komitee und das chinesische Team. Hinzu kommt eine kleine feine Sachspende: die Medaillen.

6.000 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen werden bei den Spielen in Peking verliehen, außerdem erhalten alle 51.000 Teilnehmer eine Erinnerungsmünze aus Bronze. Alle dafür notwendigen Metalle hat BHP Billiton in eigenen Minen gefördert: 13,4 Kilogramm Gold und 6.930 Kilogramm Kupfer in den chilenischen Förderstätten Escondida und Spence, 1.340 Kilogramm Silber im australischen Cannington. Aktueller Marktwert der Metalle: 550.000 US-Dollar. BHP Billiton hat außerdem den Transport nach China, den Designwettbewerb zur Gestaltung der Medaillen und die Prägung in der Münze von Schanghai finanziert.

Wie groß die finanzielle Unterstützung für Peking insgesamt ist, verrät BHP Billiton nicht. Auch Aktionäre und Analysten interessiert die Summe nicht, immerhin machte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2006/07 einen Umsatz von 47,5 Milliarden Dollar – und 13,7 Milliarden Dollar Gewinn. „Das Sponsoring ist eine einmalige Gelegenheit, unsere langjährige Verbindung mit China zu verstärken“, begründet Clinton Dines, China-Chef von BHP Billiton, das Engagement.
Diese geschäftlichen Verbindungen sind extrem wertvoll, wie Konzernchef Marius Kloppers immer wieder betont. „Chinas Wachstum wird den Kurs der Weltwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten bestimmen. Für dieses Wachstum ist China auf Rohstoffe angewiesen. Daher steht BHP im Epizentrum dieses Wachstums.“ Dabeisein ist da keinesfalls alles, wichtiger ist das olympische Motto „höher, schneller, weiter“: Rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes macht der australische Konzern inzwischen mit China, Tendenz steigend – als 2005 das Sponsoring vereinbart wurde, waren es noch 12,5 Prozent.

Dass BHP Billiton diese Geschäfte im Epizentrum eines undemokratischen Systems macht, lässt die Verantwortlichen kalt. Themen wie Tibet oder Darfur werden grundsätzlich nicht kommentiert, schon gar nicht die Situation in China selbst. Anders als andere Olympia-Sponsoren, die aus Marketinggründen auf ihr Image bei den Konsumenten achten müssen, sind für BHP Billiton gute Kontakte zu den Mächtigen im Land entscheidender als die öffentliche Meinung – politische Stellungnahmen oder gar der Versuch, Einfluss auszuüben, können da nur schaden. Dabei sieht die Selbstverpflichtung des Konzerns anders aus: BHP Billiton behauptet, bei allen Unternehmungen weltweit die Menschenrechte zu fördern und zu wahren und ist bereits 2003 der UN-Initiative Global Compact beigetreten, die weitreichende Prinzipien für verantwortliches unternehmerisches Handeln umfasst.

Auch Luis Sanchez Rodriguez spricht nur über Emotionen, nicht über Politik. Dabei hat Escondida eine kämpferische Belegschaft, die 2006 ganze 25 Tage erfolgreich für bessere Bedingungen streikte – ein Meilenstein für die schwachen chilenischen Gewerkschaften. Aber Rodriguez weiß: Auch nach den olympischen Spielen werden die wichtigsten Abnehmer für die in Escondida geförderten Metalle in China sein.