Edelgas mit Nebenwirkungen

Radon ist farblos, geruchlos, geschmackslos – und gefährdet wegen seiner Radioaktivität die Gesundheit. Daher muss die Konzentration des Edelgases an Arbeitsplätzen gemessen und gegebenenfalls verringert werden.

Eins vorweg: Seit jeher sind Menschen von natürlicher Radioaktivität umgeben, denn die Erdkruste enthält radioaktive Stoffe. Besonders Uran ist weit verbreitet, denn es ist in verschiedenen Gesteinen eingebunden. Zerfällt der Atomkern von Uran-238, entstehen weitere Radionuklide, darunter das radioaktive Edelgas Radon. Radon gilt als besonders mobil, weil es mit anderen Elementen in der Regel keine chemischen Verbindungen eingeht. Statt dessen wandert es durch die Erdoberfläche in die Atmosphäre oder löst sich im Grundwasser. Während sich Radon im Freien schnell verdünnt, kann es sich jedoch über undichte Fundamente oder Kabel- und Rohrdurchführungen in Gebäuden anreichern, vor allem in Kellern und nicht unterkellerten Erdgeschossen. Und diese mögliche Anreicherung ist das Problem.

Nach Zahlen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ist Radon in Deutschland für mehr als die Hälfte der natürlichen Strahlenbelastung verantwortlich. Die Konzentration reiche allerdings von einigen Becquerel pro Kubikmeter Luft bis in Einzelfällen zu einigen tausend Becquerel, zum Beispiel in früheren Bergbauregionen. Selbst von Haus zu Haus sowie von Tag zu Tag könne die Radon-Konzentration schwanken. Daher seien verlässliche Aussagen über die Höhe der Belastung nur über langfristige Messungen möglich. Die Strahlenschutzverordnung verlangt eine zwölfmonatige Messung, damit ein Durchschnittswert für das ganze Jahr ermittelt werden kann.
Das Strahlenschutzgesetz schreibt bereits seit 2018 Details zum Schutz vor Radon vor.

Diese Regelungen sollen in der Gesetzesnovelle, die zurzeit im Bundesrat beraten wird, noch genauer definiert werden. Denn es gibt einen ursächlichen Zusammenhang von Radon und Lungenkrebs, weshalb die Weltgesundheitsorganisation Radon bereits 1980 als einen für den Menschen krebserregenden Stoff eingestuft hat. Rund fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs in der deutschen Bevölkerung werden zurzeit auf Radon zurückgeführt.

Die gesundheitliche Gefährdung geht weniger von dem Edelgas selbst aus, das zum größten Teil wieder ausgeatmet wird, sondern von seinen Zerfallsprodukten, die sich als schädigendes Depot in den Atemwegen ablagern – beispielsweise die ebenfalls radioaktiven Schwermetalle Polonium und Wismut sowie Blei. Das BfS weist darauf hin, dass daher auch bei niedrigeren Konzentrationen eine langjährige Radon-Belastung Ursache für das Auftreten von Lungenkrebs sein kann. „Es gibt keinen Hinweis für einen Schwellenwert, unterhalb dessen Radon ungefährlich ist“, so die Behörde. Hinzu kommt: Radon und Rauchen verstärken sich wechselseitig, weshalb Raucher ein besonders hohes Lungenkrebsrisiko durch Radon haben.

Ab einer Radon-Konzentration von 300 Becquerel pro Kubikmeter in Innenräumen müssen Maßnahmen zur Reduzierung ergriffen werden. Regelmäßiges und intensives Lüften gilt als hilfreiche Erstmaßnahme, zudem sollten undichte Stellen in Bestandsgebäuden identifiziert und beseitigt werden. Strahlenschutzgesetz und Strahlenschutzverordnung regeln die Details. Außerdem haben die Bundesländer Ende des Jahres 2020 Gebiete ausgewiesen, in denen Überschreitungen des gesetzlichen Referenzwerts von 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft für Radon verstärkt zu erwarten sind. In diesen sogenannten Radon-Vorsorgegebieten gelten höhere Anforderungen für den Radon-Schutz bei Neubauten sowie Messpflichten an Arbeitsplätzen im Erd- und Kellergeschoss. Das Bundesumweltministerium weist jedoch darauf hin, dass die Lage in einem Vorsorgegebiet nicht bedeutet, dass in jedem Gebäude der Referenzwert überschritten wird. Gleichzeitig könnten auch außerhalb dieser Gebiete Überschreitungen des Referenzwerts auftreten. Aber: An Arbeitsplätzen in diesen Vorsorgegebieten, die im Keller oder Erdgeschoss liegen, muss bis Ende Juni mit Radon-Messungen begonnen werden.

Das Bundesamt für Strahlenschutz ermittelt gerade selbst die Radon-Situation an allen Arbeitsplätzen der Behörde, unabhängig von den ausgewiesenen Vorsorgegebieten der Bundesländer. Die Studie soll das Wissen über die Ausbreitung von Radon insbesondere in großen Gebäuden verbessern und den Stand der Technik für die Messung von Radon an Arbeitsplätzen weiterentwickeln.

Übrigens hat ausgerechnet die Corona-Pandemie das Thema Radon wieder mehr ins Blickfeld gerückt. Denn viele Menschen, die mehr oder weniger provisorisch im Homeoffice arbeiten, nutzen dafür Räume im Untergeschoss. Wegen einer möglichen Radon-Belastung hat das BfS bereits vor dauerhaftem Arbeiten im Keller-Office gewarnt – zumindest sei eine Messung der Konzentration sehr zu empfehlen.

Linktipps

Das Bundesumweltministerium informiert in einem Faltblatt über die gesundheitlichen Auswirkungen von Radon, Radon-Messungen, mögliche Schutzmaßnahmen und rechtliche Vorgaben.
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/radon_bf.pdf 

Das Radon-Handbuch des Bundesamtes für Strahlenschutz zeigt auf, wie das Edelgas in Gebäude gelangt, welchen Einfluss typische Bauweisen und Gebäudeeigenschaften auf den Radon-Gehalt in Innenräumen haben und wie mit bautechnischen Mitteln und der Lüftungstechnik ein wirksamer Radon-Schutz an Gebäuden erreicht werden kann.
https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/radon-handbuch.pdf?__blob=publicationFile&v=9 

Ist die Radon-Konzentration am Arbeitsplatz höher als 300 Becquerel pro Kubikmeter, sind laut Strahlenschutzgesetz Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten an diesen Arbeitsplätzen zu ergreifen. Ein abgestuftes Verfahren sollen helfen, den Aufwand für Unternehmen gering zu halten.
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/radon/regelungen/arbeitsplatz.html

In einer Broschüre speziell für Unternehmen erläutert das Bundesamt für Strahlenschutz, worauf bei Radon-Messungen zu achten ist und welche Schritte darauf folgen können.

https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/radon-schutz-arbeitsplaetze.pdf?__blob=publicationFile&v=4