Einfach und bequem
Mehrere Zahlungsmethoden zur Auswahl gehören inzwischen zum Standard, egal ob im Onlinehandel oder am POS. Auch für die Akzeptanz von Ladesäulen werden die verfügbaren Payment-Varianten immer wichtiger.
Knapp drei Viertel der Fahrer:innen von E-Auto finden es wichtig, dass sie an Ladestationen ein flexibles und breites Angebot an Payment-Möglichkeiten nutzen können, insbesondere das Bezahlen mit den gängigen Debit- oder Kreditkartenzahlung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Initiative Deutsche Zahlungssysteme (IDZ). Die neue AFIR-Verordnung setzt das in erster Linie für neu aufgestellte Ladesäulen um. Die IDZ geht davon aus, dass immer mehr Kund:innen schon bald unkomplizierte Ad-hoc-Zahlungsmöglichkeiten beim Stromtanken erwarten, wie sie es aus dem stationären Handel oder an konventionellen Tankstellen gewohnt sind. Das Nachrüsten des eigenen Ladenetzes werde sich daher für Betreiber unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung lohnen.
Diese Überlegung gilt gerade für den Handel: EHI-Zahlen zufolge nutzen viele Kund:innen ihr Auto zum Einkauf und bevorzugen dabei ganz klar Händler und Supermärkte, die E-Ladesäulen anbieten. „Das E-Ladeangebot trägt zu einer nachhaltigen Kundenbindung bei und schafft schon auf dem Weg zum Shop oder Unternehmen einen Mehrwert. Gleichzeitig können Handelsunternehmen aus einem Kostenfaktor Parkplatz eine Einnahmequelle E-Mobilität machen“, sagt Oliver Lohmüller-Gillot, Geschäftsführer Telecash von Fiserv. „Das einfache Bezahlen spielt eine wesentliche Rolle, damit die Ladesäulen gut angenommen werden.“
Gleichzeitig brauchen Betreiber von Ladestationen Zahlungsprozesse, die sowohl die Vorgaben zur Kartenzahlung erfüllen können als auch eine reibungslose Integration in ihre Anwendungen. Computop beispielsweise hat gerade eine integrierte Lösung vorgestellt, bei der Betreiber die Zahlungsoptionen nach ihren Bedürfnissen konfigurieren können. Und Fiserv bietet ein schlüsselfertiges E-Mobilitätskonzept vom Aufbau der Ladesäule über die Auswahl des Stromproviders bis hin zu kontaktlosen Open-Loop-Bezahllösungen an.
Open-Loop-Verfahren sind wie vom Gesetzgeber vorgegeben für alle Nutzer:innen ohne vorherige Registrierung zugänglich und können zudem mit den Systemen des Handels für Kassen, Kundenkarten oder Bonusprogramme verknüpft werden. Thorsten Bonifer von VR Payment macht auf einen weiteren Vorteil aufmerksam: „Es gibt keine Vorgaben, was die Preise angeht. Wir sehen Betreiber, die sich vom Roaming verabschieden und nur noch Ad-hoc-Laden anbieten, weil sie dann die Roaminggebühren sparen und lediglich eine geringe Transaktionsgebühr bezahlen müssen.“ So lassen sich auch individuelle Preise festlegen und abrechnen: „Mit einer PIN vor dem Bezahlvorgang bekommt der Kunde seinen eigenen Tarif“, erklärt Sören Hensen von DG Nexolution Mobility, das im Bereich Payment mit VR kooperiert. Aus seiner Sicht wird allerdings „Plug & Charge“ das Payment-Thema an der Ladesäule ablösen, also dass nach dem Einstecken das Auto das Laden automatisch verrechnet.
Dass Payment ins Auto kommt, ist auch für Henning vorm Walde von Paydirekt eine logische Weiterentwicklung. Die Fahrzeugintegration sei jedoch vor allem für Flotten interessant: Wenn der Eigentümer den Kraftstoff bezahle, sei es sinnvoll, das Zahlungsmittel ins Auto zu integrieren. Für andere Nutzer:innen beispielsweise von Leasing- oder Sharing-Wagen biete sich dagegen das Bezahlen über Smartphone oder -watch an. Vor allem über Apps, findet Philipp Blatter von Pace: „Beim kontaktlosen Bezahlen via NFC kann man nur direkt an der Kasse bezahlen – und muss dort warten, wenn es eine Schlange gibt. Mit unserer Lösung Connected Fueling hingegen kann man ganz bequem mit dem Handy direkt an der Zapfsäule bezahlen und dann weiterfahren.“ Das Pace-System sorge für die automatische Benachrichtigung des Beschäftigten an der Kasse.
Pace arbeitet Blatter zufolge nicht nur am Bereich Payment, also an Faktoren wie der Integration vieler verschiedener Zahlungsmittel, Autorisierung oder Fraud Detection. Weiterer Schwerpunkt ist der Bereich Convenience: „Wir testen in Rumänien die Integration von Instore-Payment, also die Möglichkeit, neben Kraftstoff an der Tankstelle auch Gummibärchen oder Scheibenwischwasser kaufen zu können. Und in Deutschland wird in der zweiten Jahreshälfte das Thema Washing live gehen“, so Blatter beim Payment-Kongress des EHI Anfang Mai. Anbieter Fillibri ist diesen Schritt bereits gegangen: Über die Warenkorb-Funktion der App lassen sich Leistungen wie Tanken, Waschen und der Coffee-to-go zusammen in einer einzigen Transaktion bezahlen. Dieses Cross- und Upselling soll neben der grundsätzlichen Digitalisierung der Paymentprozesse weiter ausgebaut und optimiert werden.
In einem Punkt herrscht in der Branche Einigkeit: Die Anwendungsfälle in den Bereichen Mobilität und Payment werden weiter zusammenwachsen, und „besonders im Lebensmitteleinzelhandel wird angesichts der verschiedenen möglichen Features einiges zu erwarten sein“, so Henning vorm Walde. „Denn eins ist klar: Was heute vielerorts noch nice to have ist, wird – muss – in Zukunft Standard werden. Kunden werden entscheiden, wo sie günstig und einfach laden oder tanken und insbesondere convenient bezahlen können.“
Ladesäulenverordnung oder AFIR?
Mit der EU-Verordnung AFIR (Alternative Fuel Infrastructure Regulation) greift bei neuen öffentlichen Ladestationen mit mehr als 50 kW Ladeleistung bereits seit dem 13. April 2024 die Pflicht, die Zahlung per Debit- oder Kreditkarte beim Ad-hoc-Laden zu ermöglichen, konkret mit Mastercard/Visa oder Girocard. Denn die AFIR hat als europäisches Recht Vorrang vor der deutschen Ladesäulenverordnung (LSV), die erst zum 1. Juli 2024 eine entsprechende Kartenterminal-Pflicht vorsah, aber dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge aufgrund der AFIR „in weiten Teilen unwirksam“ wurde. Andere Zahlungsarten über App oder Ladekarte sind weiterhin zusätzlich erlaubt.
Für neue öffentliche Ladeeinrichtungen mit weniger als 50 kW Ladeleistung genügt ein statischer QR-Code, „sofern er lesbar ist und die Sicherheit des Zahlungsvorgangs gewährleistet ist“, so die EU-Kommission.
Für die meisten Ladesäulen, die vor dem 13. April 2024 errichtet wurden, gilt Bestandsschutz und damit keine Pflicht zur Nachrüstung. Davon ausgenommen sind Ladepunkte mit mehr als 50 kW Leistung entlang der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V). Diese müssen unabhängig vom Datum ihrer Inbetriebnahme ab 1. Januar 2027 über ein Kreditkartenterminal verfügen.
Die EU-Kommission ein Q&A-Papier zur AFIR mit Auslegungshinweisen veröffentlicht:
https://transport.ec.europa.eu/transport-themes/clean-transport/alternative-fuels-sustainable-mobility-europe/alternative-fuels-infrastructure/questions-and-answers-regulation-deployment-alternative-fuels-infrastructure-eu-20231804_en#general