Hier shoppt der Bär
Vor 40 Jahren öffnete das Berliner Einkaufszentrum Forum Steglitz seine Türen. Das neue Management setzt nicht in erster Linie auf große Label, sondern auf Berlin-Kolorit...
Für die Berliner ist das Forum Steglitz vor allem eines: eine feste Größe. Bei seiner Einweihung im Jahr 1970 war Berlin noch durch die Mauer geteilt, und das Einkaufszentrum mit den vielen Geschäften unter einem Dach gehörte zu den ersten seiner Art. Vom traditionsreichen Fischmarkt Nickel bis zur engagierten Modeszene Berlins trafen hier die Kunden auf ein Angebot, das auch außerhalb der Noch-nicht-Weltstadt seinesgleichen suchte – der nördliche Teil der Schloßstraße galt als der Fashion-Laufsteg der Stadt. Heute liegen der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung Berlins schon zwei Jahrzehnte zurück, und in vielen Stadtteilen sind moderne Zentren zum Flanieren und Shoppen entstanden. Und doch: Das Forum Steglitz hat sich als Kundenmagnet im Berliner Südwesten behauptet.
„Wir kennen die Berliner und die Berliner kennen uns“, begründet das Norbert Radszat. Der ausgewiesene Standortexperte, der unter anderem für Blume 2000 und Strauss Innovation sowie ECE und McArthurGlen tätig war, ist einer von drei Partnern der Real-ity GmbH, die im Januar 2010 auch das Centermanagement übernommen hat. Wenige Monate zuvor hatte die Eigentümergruppe Hammerson das Haus an die ebenfalls britische Investmentfirma Europa Capital verkauft. „Die neuen Eigentümer und wir als Asset- & Centermanager sind uns einig: Das Forum Steglitz hat ein enormes Potenzial“, sagt Radszat. „Vor allem wegen der seit Jahrzehnten etablierten Adresse, Schloßstraße 1, der guten Lage an der beliebten Einkaufsstraße, mit öffentlichem Platz, Bus und Bahn vor der Haustür und dem eher bürgerlichen Umfeld des Berliner Südwestens mit seiner hohen Kaufkraft.“
Trotz der guten Rahmenbedingungen: Ein Selbstläufer war und ist das Forum Steglitz nicht. Das Flaggschiff des alten Westens dümpelte in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends durch eine Flaute. 2005 entschied sich der damalige Besitzer Hammerson daher für eine Radikalkur bei laufendem Betrieb und investierte 40 Millionen Euro in eine grundlegende Modernisierung. Der früher dominierende 70er-Jahre-Charme ist heute nicht einmal mehr zu erahnen: Statt der engen verwinkelten Gänge mit dunklem Fußbodenbelag und künstlichem Licht bestimmen heute weitläufige Flure, heller Steinfußboden und vor allem Tageslicht das Bild. Die Verkaufsfläche wurde durch einen Anbau um 8.000 qm auf 32.000 qm erweitert, die Erreichbarkeit dank eines sicheren Parkhauses ca. 650 Parkplätze mit mehreren Direktzugängen zur Ladenstraße verbessert.
Die baulichen Veränderungen allein hätten das Forum Steglitz jedoch wahrscheinlich nicht am Leben erhalten. „Unsere Kunden sind anspruchsvoll“, sagt Radszat. „Sie wollen eine persönliche Bindung aufbauen zu den Geschäften, in denen sie regelmäßig einkaufen.“ Daher wollen die Centermanager dem alten und gleichzeitig neuen Anspruch des Hauses – „Wir sind Berlin“ – neue Überzeugungskraft verleihen. Der Slogan drückt die Verbundenheit zwischen dem Forum Steglitz und seinen Kunden aus, beschreibt aber auch die Richtschnur für die Struktur der Mieter. Denn Real-ity will künftig vor allem auf inhabergeführte Fachgeschäfte setzen, auf Unverwechselbarkeit und Berlin-Kolorit. Heimat und Nachbarschaft sind zentrale Begriffe dieser Strategie, aber auch Natürlichkeit und Authentizität.
Wie wichtig diese Strategie ist, zeigt ein Blick in die Nachbarschaft. Denn dort steht starke Konkurrenz. Das Quartier Schloßstraße – inklusive der Seitenstraßen gibt es hier mehr als 800 Geschäfte – gehört nicht nur zu den am meisten gefragten Einzelhandelsstandorten Berlins, sondern gilt außerdem als die Berliner Shoppingmeile mit der höchsten Dichte von Einkaufszentren. Neben dem Forum Steglitz stehen dort „Das Schloss“ (36.000 qm) und das „Schloss-Straßen-Center“ (19.500 qm). 2011 soll der „Boulevard Berlin“ (70.000 qm) eröffnet werden, wozu auch das bereits modernisierte Karstadt-Warenhaus gehört. Außerdem entsteht in der früheren Woolworth-Filiale ein Geschäftshaus, dessen Hauptmieter auf 4.500 qm Fläche die erste Berliner Filiale der Münchener Sportartikelkette „Sport Scheck“ sein wird.
Angst macht Norbert Radszat diese massive Konkurrenz nicht, auch wenn Karstadtsports in den Boulevard Berlin umziehen und das Forum Steglitz damit einen seiner Ankermieter verlieren wird. „Gerade im Wettbewerb mit den anderen Centern brauchen wir Tradition und müssen die alten Trampelpfade wahren“, sagt Radszat – und hat schon eine Idee für die frei werdende Fläche: das Sport Forum Steglitz. Sportliche Kunden hat das Einkaufszentrum schon heute viele, denn im Dachgeschoss sind jeden Tag und rund um die Uhr die Sportstudios Superfit und Superfit women geöffnet. Eine komplette Ebene mit zusätzlichen vertikalen Erschließungen will Radszat nun zum Fachgeschäfts-Paradies für Sportkunden ausbauen: ca. 6.000 qm Fläche, individuell unterteilt in einzelne Ladenflächen zwischen 20 und 1.500 qm, belegt mit den wichtigsten 20 Berliner Sportfachhändlern – Raum für Vielfalt, fachkundige Beratung, Tradition und Kompetenz. Zurzeit ist Radszat mit seiner Idee, Berliner Sportspezialisten als Team im Wettbewerb zu den etablierten nationalen Sporthäusern , auf Werbetour: „Allein bleiben Sie klein. Zusammen spielen wir in der Champions-League.“
Aber nicht nur mit einer stimmigen Struktur, wozu neben den Einzelhändlern auch Dienstleister und gastronomische Angebote gehören, will das Forum Steglitz die Kunden ansprechen, sondern auch mit Events. Und das nicht nur zu Weihnachten oder Ostern: Nach dem Umbau ist dem Centermanagement beispielsweise eine Neuauflage der im alten West-Berlin legendären Turm-7-Partys geglückt; der Treff im Einkaufszentrum mit seiner Mischung aus Tanzmusik und Cocktails gehörte einst zu Berlins ersten After-Work-Partys. Und speziell im Geburtstagsjahr 2010 gibt es natürlich besonders viele Veranstaltungsangebote: ein dreitägiges Geburtstagsfest, die Kür der „Schönsten 40“ im Rahmen einer Vorher-Nachher-Show, ein Graffiti-Wettbewerb, die Beachbar „Strandlitz“auf dem obersten offenem Parkdeck, ein Fußball-Parcours für kleine Superdribbler, Radio- und Fernsehcastings. „Wir machen Angebote für die ganze Familie, und das nicht nur in den Ladenlokalen“, sagt Radszat. „Denn das Forum Steglitz ist der wichtigste Treffpunkt auf der Schloßstraße, und das soll so bleiben.“