Mit der richtigen Einstellung
Korrekt eingestellte Spiegel spielen gerade bei großen Nutzfahrzeugen eine wichtige Rolle, um sicher abbiegen und rangieren zu können. Die Offenbacher Gefahrgutspedition ABS Bonifer hat daher an ihren Standorten spezielle Spiegeleinstellplätze eingerichtet...
Es ist ein Schreckgespenst, das bei vielen Pkw und Lkw immer mitfährt: der tote Winkel. Wenn Radfahrer oder Fußgänger insbesondere bei Unfällen mit schweren Nutzfahrzeugen schwer oder tödlich verletzt werden, befanden sie sich oft in diesem toten Winkel und wurden daher vom Fahrer nicht gesehen. Nach den aktuellen europäischen Typ-Zulassungsrichtlinien müssen Nutzfahrzeuge zwar mit zahlreichen Spiegeln ausgestattet sein, damit Fahrer wichtige Bereiche vor und neben dem Fahrzeug einsehen können – theoretisch dürfte es somit den toten Winkel gar nicht mehr geben. Oft gibt es ihn aber doch, wegen der Bauweise der Fahrzeug oder schlicht weil die Spiegel nicht optimal eingestellt sind.
Die Offenbacher Gefahrgutspedition ABS Bonifer schenkt daher bei ihrem umfangreichen Präventionsprogramm zur Vermeidung von Unfällen dem Thema Spiegel besondere Aufmerksamkeit. „Abbiegeunfälle sind häufig besonders schwer“, sagt Prokurist Wolfgang Schott: „Das betrifft alle Beteiligten. Zum einen sind Radfahrer und Fußgänger deutlich schwächer als Lkw, zum anderen sind Fahrer nach einem Unfall mit Personenschaden oft traumatisiert. Mancher setzt sich nie wieder hinter ein Lenkrad.“ Bei ABS Bonifer gehört es seit 2015 zum Standard, dass jede Zugmaschine über eine Abbiegekamera verfügt. Schott hält solche Assistenzsysteme grundsätzlich für hilfreich. Diese werden in der EU aber erst in einigen Jahren verpflichtend sein. Wichtig sei daher, die Technik optimal zu nutzen, mit der Fahrzeuge ohnehin ausgestattet sind – die Spiegel. Sechs Spiegel sind es insgesamt, die ein Lkw-Fahrer richtig ausrichten muss. „In der Regel setzen die Fahrer auf ihre Erfahrung mit den verschiedenen Lkw-Typen, wenn sie die Spiegel einstellen“, sagt Christian Scheubeck. Als Master Driver ist er bei ABS Bonifer für die Ausbildung der Fahrer verantwortlich. „Dabei kann es vorkommen, dass die Bezugspunkte, an denen sich der Fahrer bei den Spiegeln orientiert, nicht optimal sind. Daher haben wir uns entschlossen, spezielle Spiegeleinstellplätze zu bauen.“
2015 hat die Spedition an ihrem Standort in Karlsruhe den ersten dieser Spiegeleinstellplätze eingerichtet. Unterstützung gab es von der BG Verkehr. Die Berufsgenossenschaft hat bereits vor einigen Jahren eine Plane entwickelt, die um den Lkw gelegt wird und bei der Spiegeleinstellung hilft (siehe Kasten). „Das Hantieren mit diesen Planen ist ein bisschen umständlich“, sagt Schott: „Außerdem haben wir genügend Fläche. Daher haben wir die Planen der BG als Schablone genutzt, um einen stationären Spiegeleinstellplatz einzurichten.“ Alle wichtigen Bezugspunkte, mit deren Hilfe Spiegel für Spiegel richtig eingestellt werden kann, wurden dafür als feste Markierungen auf dem Boden aufgebracht.
In Karlsruhe kommen die Fahrer an dem Platz buchstäblich nicht vorbei. Er befindet sich wie eine Schleuse kurz vor der Ausfahrt des Geländes, wo im Zuge der Abfahrtskontrolle ohnehin eine Bremsprobe gemacht werden muss. Bei der Gelegenheit auch noch die Spiegel zu justieren, ist in ein bis zwei Minuten erledigt, hat Scheubeck beoachtet. Die Resonanz bei den Fahrern ist aus seiner Sicht positiv: Sie nehmen den Spiegeleinstellplatz als echte Hilfe wahr. „Wir schulen unsere Fahrer intensiv und sensibilisieren sie regelmäßig für Gefahren. Schließlich geht es bei uns nicht nur darum, mit großen Fahrzeugen sicher unterwegs zu sein, sondern auch Gefahrgüter sicher zu transportieren – wir fahren ja beispielsweise auch Tankstellen an“, sagt Scheubeck. Teil dieser Schulungen ist die Nutzung des Spiegeleinstellplatzes, zusätzlich weist das Unternehmen mit Postern und Flyern darauf hin und erklärt das richtige Vorgehen Schritt für Schritt.
Ein lohnendes Projekt, finden die beiden Bonifer-Beschäftigten. Nicht nur, weil das Unternehmen dafür unlängst bei „Unterwegs – aber sicher!“ ausgezeichnet wurde, dem gemeinsamen Wettbewerb des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) und des Verbands für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI). „Die Zahl der Unfälle ist spürbar zurückgegangen, seit wir den Platz haben“, sagt Schott – wenn Fahrer die direkte Umgebung ihrer Maschine gut im Blick haben, lassen sich schließlich nicht nur schwere Abbiegeunfälle verhindern, sondern auch vergleichsweise kleine Blechschäden.
ABS Bonifer hat inzwischen an allen Standorten, an denen ausreichend Fläche zur Verfügung steht, einen Spiegeleinstellplatz eingerichtet. Christian Scheubeck kann anderen Unternehmen nur empfehlen, ihren Fahrern ebenfalls ein solches Angebot zu machen. „Die notwendige Investition ist gering und der Aufwand überschaubar – aber der Nutzen ist groß.“
- Für die schnelle Überprüfung der Spiegeleinstellung außerhalb des Betriebsgeländes eignet sich die Unterweisungskarte G 7 „Spiegel einstellen“ der BG Verkehr. https://www.bg-verkehr.de/medien/medienkatalog/unterweisungsmedien/unterweisungskarte-g7-spiegel-einstellen
- Spiegel-Einstellplanen, die auf dem Boden ausgelegt werden, können Unternehmen selbst anfertigen lassen. Die BG Verkehr stellt eine Anleitung für den Nachbau dieser Planen für Nutzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 7,5 Tonnen zur Verfügung. https://www.bg-verkehr.de/redaktion/medien-und-downloads/informationen/branchen/gueterkraftverkehr/spiegeleinstellplanen_anleitung_nachbau_low.pdf
- Zudem gibt es eine Gebrauchsanweisung für die korrekte Verwendung der Planen. https://www.bg-verkehr.de/redaktion/medien-und-downloads/informationen/branchen/gueterkraftverkehr/spiegeleinstellplanen_gebrauchsanleitung_low.pdf
- Wenn der Platz es hergibt, kann ein fest eingerichteter Spiegel-Einstellplatz sinnvoller sein als das Auslegen von Planen. Auch dafür stellt die BG Verkehr eine Anleitung zur Verfügung. https://www.bg-verkehr.de/redaktion/medien-und-downloads/informationen/branchen/gueterkraftverkehr/spiegeleinstellplatz_anleitung_low.pdf