Augenschutz I: Damit nichts ins Auge geht

Splitter, Funken, Tropfen – ungeschützt sind menschliche Augen sehr empfindlich und leicht verletzbar. Zur jeweiligen Tätigkeit passende Brillen und Visiere sorgen am Arbeitsplatz für den notwendigen Schutz.

Zwei Prozent aller meldepflichtigen Arbeits-Unfälle in Deutschland waren 2022 Augenverletzungen. Diese auf den ersten Blick geringe Zahl steht der DGUV-Statistik zufolge jedoch für mehr als 14.000 Betroffene, deren Augen durch mechanische, optische, chemische oder thermische Einwirkungen geschädigt wurden. An Gefährdungen mangelt es im Arbeitsalltag nicht: Auf Baustellen fliegen Staub, Splitter und Späne, beim Lasern oder Schweißen entstehen Strahlen und Hitze, Säuren und Laugen wirken ätzend, und beim Umgang mit biologischem Material wie Bakterien, Viren und Sporen können Erreger in den Körper gelangen und damit Infektionen verursachen. Die gute Nachricht: Schutzbrillen können Schäden wirksam verhindern. Und Sicherheitsbeauftragte können die Beschäftigten motivieren, diesen wirksamen Schutz auch zu verwenden.

Brille ist allerdings nicht gleich Brille. Ein offensichtlicher Unterschied ist die Form: Es gibt Gestell- beziehungsweise Bügelbrillen mit angebautem oder integriertem Seitenschutz, Korbbrillen, die den Augenraum umschließen und sich eng am Gesicht anschmiegen, sowie Augenschutzgeräte mit Gesichtsschutz etwa in Form von Schilden oder Schirmen. Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl ist jedoch die Frage, welche Schutzfunktion der Augenschutz erfüllen muss –beispielsweise ob jemand damit schleift oder schweißt. Erst wenn die notwendigen Eigenschaften des Augenschutzes und die dafür geltenden Vorschriften identifiziert wurden, können konkrete Modelle ausgewählt werden. „Hier ist zu betonen, dass PSA individuell ist. Köpfe und Gesichter können sich in Größe und Form erheblich unterscheiden. Es gibt nicht die eine Schutzbrille, die jedem passt“, so Elke Biesel von der DGUV. Die DGUV Regel 112-192 „Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz“ soll die Auswahl vereinfachen und sicherstellen, dass immer die richtige Ausrüstung eingesetzt wird.

Schutzbrillen für den beruflichen Einsatz müssen eine von der EU in der DIN EN 166 fest vorgegebene Kennzeichnung aufweisen. Dazu gehören auf der Sichtscheibe – gemeint sind die Gläser – beispielsweise Kurzzeichen für die mechanische Festigkeit, die Abriebfestigkeit und die Beständigkeit gegen Beschlagen, die Herstellerkennung oder Informationen zur Schutzstufe und der optischen Klasse. Weitere Kennzeichnungen befinden sich auf dem sogenannten Tragkörper, also dem Brillengestell.

Um zu prüfen, ob die letztlich ausgewählte Schutzbrille richtig sitzt, empfiehlt Uvex sieben Kriterien. Zunächst sollten keine unangenehmen Druckstellen an den Seiten des Kopfes und hinter den Ohren spürbar sein. Die Nasenauflage sollte komfortabel sein und ohne zu kneifen auf der Nase sitzen. Es sollte möglich sein, gut und ohne Einschränkungen in alle Richtungen zu sehen. Das Gesamtgewicht der Schutzbrille sollte gleichmäßig zwischen den Ohren und der Nase verteilt sein, so dass der Rahmen angenehm auf dem Gesicht liegt und nicht von der Tätigkeit ablenkt. Der Rahmen beziehungsweise die Scheibe sollte eng am Gesicht aufliegen, ohne die Wimpern zu berühren; dabei sollte die Lücke zwischen Haut und Brille kleiner sein als ein Stift. Der Rahmen beziehungsweise die Scheibe sollte die Augenbrauen und alle sonstigen weichen Stellen abdecken. Und die Brille sollte bei Bewegungen in alle Richtungen fest auf dem Kopf sitzen.

Der richtige Sitz schließt zudem ein, dass es keine Probleme mit anderer Schutzausrüstung oder Hilfsmitteln wie Hörgeräten gibt. Für Brillenträger lässt sich der Tragekomfort erhöhen, wenn die Schutzbrillen über Korrektionsgläser verfügt – die DGUV hat die Erfahrung gemacht, dass solche Brillen deutlich besser akzeptiert und verlässlicher getragen werden. Kurzzeitig kann zwar auch eine sogenannte Überbrille ausreichen, die über die Korrekturbrille gezogen wird. Die Kombination ist allerdings unbequem und hat auch Nachteile beim Sehen, beispielsweise durch Reflektionen.

Infield bietet beispielsweise mit dem Modell PREVENTOR eine äußerst kleine und leichte Schutzbrille an, deren weiche Gesichtsauflage sich druckfrei an jede Kopfform anschmiegt. Dank der verstellbaren Bügelneigung lässt sie sich zudem optimal an verschiedene Gesichtskonturen anpassen. Mit dem zusätzlich einstellbaren Kopfband wird das Modell zu einer dichtschließenden und zertifizierten Vollsichtschutzbrille. Brillenträger können einfach und schnell einen RX-Clip in ihrer persönlichen Sehstärke in das Modell einsetzen. „Des weiteren entwickeln wir derzeit eine neue Schutzbrille für Brillenträger“, erklärte Produktmanager Nino Maurer. „Diese Schutzbrille wird mit einem speziellen Adapter ausgestattet sein, der eine verbesserte Abdichtung gewährleistet. Ein zusätzliches Kopfband sorgt für einen festen und sicheren Sitz.“

Auch Würth empfiehlt, unbedingt auf den Tragekomfort zu achten. Dieser fängt dem Hersteller zufolge beim Gewicht an, weswegen etwa sein Modell Libra weniger als 20 Gramm wiege und im Gesicht kaum zu spüren sei. Für eine optimale Passform können demnach verstellbare Nasenauflagen und Bügel sorgen, für eine dauerhaft uneingeschränkte Sicht außen kratzfeste und innen beschlagfreie Scheiben. Ein ansprechendes Design könne zusätzlich zum Tragen der Schutzbrille motivieren. Denn, so Würth: „Die beste Brille nützt nichts, wenn sie nicht getragen wird.“

Richtiger Umgang mit dem Augenschutz

• Schutzbrillen nicht mit dem Gläsern nach unten ablegen, um Kratzer zu vermeiden, und statt in Jackentasche oder Werkzeugkiste immer in einer dafür vorgesehenen, sauberen und dicht schließenden Box aufbewahren.
• In Verbindung mit anderer PSA ist es wichtig, dass alle Komponenten zueinander passen. Beispielsweise dürfen Brillenbügel nicht unter den Kapselgehörschützern drücken, und eine Atemmaske darf die Zuverlässigkeit des Augenschutzes nicht beeinträchtigen.
• Wenn die Schutzbrille Kratzer aufweist oder die Folie eines Visiers beschädigt ist, müssen die Ausrüstungsgegenstände repariert oder ausgetauscht werden.
• Schutzbrillen und Visiere müssen regelmäßig gereinigt werden, bei Bedarf nicht erst nach der Arbeit, sondern auch zwischendurch. Das Reinigungsmittel darf dabei die Schutzfunktion nicht angreifen; Details dazu stehen in den Unterlagen des Herstellers. Bei der Verwendung einer Reinigungsstation muss die entsprechende Betriebsanweisung beachtet werden.
• Das Beschlagen von Gläsern und Sichtscheiben lässt sich nicht komplett verhindern, aber minimieren. Hersteller nutzen unterschiedliche Verfahren der Oberflächengestaltung beziehungsweise Beschichtung für beschlagarmen Augen- und Gesichtsschutz; dieser ist mit dem Symbol „N“ versehen. Die am besten geeignete Brille lässt sich mit entsprechenden Trageversuchen finden. 

Mit einer Brille die Psyche schützen

Feuerwehrmann Martin Jahr aus der Nähe von Potsdam hat einen Augenschutz speziell für Rettungs- und Einsatzkräfte entwickelt, zum Patent angemeldet und vor etwa einem Jahr auf den Markt gebracht: eine sogenannte Blutfilterbrille namens Rubi-Glas. Sie verfügt über speziell beschichtete Gläser, die das Farbspektrum von Blut schwarz darstellen, andere Farben etwa von Warnschildern jedoch nicht verändern. „Die Brille lässt Farbe ab einer bestimmten Wellenlänge schwarz erscheinen. Das passiert ab einem bestimmten Rotton von ungefähr 617 Nanometer, was dem Blutrot entspricht. Das Rot von Stoppschildern, Ampeln oder Warnzeichen ist heller, hat damit eine kleinere Wellenlänge und bleibt deshalb weiterhin als rot erkennbar“, erklärt Jahr. Die Verwendung der Brille soll die Wachsamkeit und Aufmerksamkeit von Einsatzkräften erhöhen und gleichzeitig die Gefahr einer posttraumatischen Belastungsstörung reduzieren, denn durch die Farbänderung soll sich das Erlebte weniger stark einprägen. Ein Optikereinsatz ermöglicht die Verwendung individuell geschliffener Gläser. „Es ändert sich nichts an der Situation eines Einsatzes bei schlimmen Unfällen. Lediglich das verstörende Bild verliert an Intensität durch die Umwandlung der roten Farbe des Bluts in neutrales Schwarz und Grau“, so Martin Jahr. Die Gesellschaft für Wissens- und Technologietransfer betreut aktuell eine Interventionsstudie, welche die Wirksamkeit der Brille untersucht.
https://www.rubi-glas.de/

Erste Hilfe vor dem Arztbesuch

Prellungen: Das Auge sofort mit einem sterilen Tuch abdecken und kühlen, dabei die Kühlung nicht direkt auf das Auge legen.
Fremdkörper: Wenn sie oberflächlich und beweglich sind, mit einem sauberen Tuch entfernen, dabei immer in Richtung des inneren Augenwinkels wischen. Alternativ kann eine Augenspüllösung verwendet werden. Bei feststeckenden Fremdkörpern beide Augen mit einem sterilen Tuch abdecken.
Verätzungen: Das Auge sofort für mindestens 15 Minuten mit klarem Wasser oder spezieller Lösung ausspülen. 
Weitere Informationen unter https://www.bgbau.de/fileadmin/Medien-Objekte/Medien/Zeitschrift/Beileger_Kompetenzzentrum_Erste_Hilfe_Augen_01_2020.pdf