Damit die Zelle nicht durchgeht

In Lithium-Ionen-Akkus steckt erheblich mehr Energie als in herkömmlichem Batterien. Wenn sie technisch defekt sind oder unsachgemäß gehandhabt werden, kann das zu gefährlichen Bränden führen. Das Risiko eines solchen „thermischen Durchgehens“ lässt sich jedoch mit verschiedenen Maßnahmen reduzieren…

Eine Rauchwolke über dem Terminal A rief Ende Oktober die Berliner Feuerwehr und Flughafenfeuerwehr Tegel auf den Plan. Vor Ort mussten sie ein Feuer löschen und mehrere Terminalbereiche entrauchen. Grund für den Einsatz war jedoch kein Problem im Flugbetrieb: In einem Werkstattraum mit Ladeeinrichtungen für Batterien waren Lithium-Ionen-Akkus in Brand geraten.

Tegel ist kein Einzelfall, Meldungen im Zusammenhang mit brennenden oder explodierenden Lithium-Ionen-Akkus häufen sich. Das liegt zum einen daran, dass immer mehr dieser leistungsstarken Speicher in Umlauf kommen – allein in Deutschland sind es mehr als 10.000 Tonnen pro Jahr. Gründe dafür gibt es viele: die steigende Zahl von Smartphones und Tablets, der Komfort beim Arbeiten mit kabellosen Werkzeugen, die Energiewende mit ihrem Trend zu Stromspeichern und Elektroautos und nicht zuletzt die besondere Leistungsstärke der kompakten Akkus. Zum anderen ist die Brandgefahr bei Lithium-Ionen-Akkus tatsächlich größer als bei Akkus auf Basis von Blei oder Nickel-Cadmium, weil sie deutlich höhere Energiedichten aufweisen. Diese Brandgefahr kommt vor allem bei technischen Defekten und bei nicht sachgerechter Handhabung zum Tragen.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat in den vergangenen Jahren in den Forschungsprojekten „SPEISI“ und „Safety First“ die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Performance von Photovoltaik-Heimspeichern auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien untersucht. Technische Bedenken haben die ISE-Forscher dabei nicht bekommen, sie sind bei ihren Projekten aber auf einige Ungereimtheiten gestoßen: „von sorglosem Transport bis zur suboptimalen Aufstellung“, so Stephan Lux, der die Gruppe „Batterietechnik“ am Fraunhofer ISE leitet. Das deckt sich mit der Einschätzung der Berufsfeuerwehren, die im fehlenden Wissen und dem falschen Handling das Hauptproblem sehen – und auch mit den Erkenntnissen der DEKRA. Die Prüfgesellschaft schätzt beispielsweise, dass es mehr als wöchentlich zu Bränden in Recyclinghöfen kommt, weil immer mehr Lithium-Batterien aus Gedankenlosigkeit oder Schlampigkeit im Restmüll oder im Elektro- und Metallschrott landen. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) fordert vor diesem Hintergrund sogar eine Pfandpflicht für Lithium-Batterien.

Die Risiken lassen sich jedoch bereits mit einigen Maßnahmen im alltäglichen Gebrauch reduzieren. Dass defekte Akkus nicht länger verwendet und ausgediente Batterien sachgerecht entsorgt werden, sollte selbstverständlich sein. Für funktionstüchtige Lithium-Ionen-Akkus gilt: Zu Akkuschäden, Bränden oder Explosionen führen hohe Temperaturen im Inneren der Zellen. Dieser sogenannte Thermal Runaway kann durch folgende Faktoren ausgelöst werden: starke äußere Erwärmung, äußerer oder innerer Kurzschluss, Überladung oder Tiefentladung.

  • Starke äußere Erwärmung: Ab 60 Grad entsteht Gas, weil sich die Elektrolytflüssigkeit zersetzt und verdampft. Ab 160 Grad zersetzt sich das Kathodenaktivmaterial, wodurch sich Hitze entwickelt und Sauerstoff freigesetzt wird. Man sollte Akkus also nicht direkt in der Sonne oder im Sommer im heißen Auto liegen lassen.
  • Äußerer Kurzschluss: Dazu kommt es, wenn die Batteriepole durch leitfähiges Material verbunden werden, beispielsweise durch Fingerringe, andere kleine Metallgegenstände oder metallische Untergründe. Um das zu verhindern, kann man entweder mit Klebestreifen die Pole voneinander isolieren oder die Akkus selbst schützen, etwa indem man sie einzeln verpackt.
  • Innerer Kurzschluss: Diese Verbindung der einzelnen Zellen kann durch Fehler beim Herstellungsprozess entstehen, aber auch durch mechanische Einwirkung wie Herunterfallen, starke Erschütterung oder Vibrationen. Ein allzu rabiater Umgang mit Akku-Werkzeugen sollte also vermieden werden. Vorsicht: Wenn es zu einer äußeren Beschädigung gekommen ist, kann ätzende Elektrolytflüssigkeit auslaufen.
  • Überladung: Schon eine geringfügig zu hohe Ladespannung führt aufgrund zu großer Ladeströme zu einer Erhitzung des Akkus. Daher dürfen Lithium-lonen-Akkus nur mit dem vorgesehenen Ladegerät geladen werden, nicht mit Geräten von anderen Akkus oder von anderen Herstellern. Ist der Akku voll, muss das Ladegerät den Prozess sofort und automatisch beenden.
  • Tiefentladung: Lithium-Ionen-Akkus dürfen nur bis zu einer gewissen Kapazität entladen werden. Diese Mindestkapazität kann beispielsweise durch Kurzschlüsse oder unsachgemäße Verwendung des Akkus unterschritten werden. Dann zersetzt sich die Elektrolytflüssigkeit und es entstehen Gase wie Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan, Ethan und Ethen sowie Wasserstoff. Daher sollte man den Ladezustand im Auge behalten.

Außerdem ist die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus begrenzt. Günstig ist ein Ladestand zwischen 40 und 60 Prozent sowie eine trockene, kühle und frostfreie Lagerung zwischen 0 und 45 Grad. Bei längerer Lagerung sollte von Zeit zu Zeit der Aufladezustand kontrolliert und bei Bedarf wiederaufgeladen werden. Bei der Lagerung von entladenen Akkus kann es zur Tiefentladung kommen.

Immerhin: Beim Löschmittel sind Lithium-Ionen-Akkus nicht anspruchsvoll. ABC-Feuerlöscher oder Metallbrandfeuerlöscher helfen zwar nicht – aber viel Wasser.

Literatur und Links

Was die Lagerung und Bereitstellung der Batterien betrifft, existieren derzeit keine gesetzlichen Vorschriften. Verantwortliche müssen sich gerade beim Thema Brandschutz größtenteils selbst mit Hintergrundwissen versorgen. Dabei möchte der Bundesverband Technischer Brandschutz e.V. (bvfa) mit seiner Publikation BrandschutzKompakt unterstützen.
https://bvfa.de/ebook/download/134

Hinweise zur Schadenverhütung bei der Bereitstellung von Lithiumbatterien in Produktions- und Lagerbereichen gibt das Merkblatt VdS 3103:2019-06 (03) vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). In dem Merkblatt werden die Batterien abhängig von Lithiumgehalt, Gewicht und Leistung in drei Kategorien unterschieden.
https://shop.vds.de/de/download/0b024037120d7e2545b91956911b4d67/

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) erörtert in einem Leitfaden gesetzliche Grundlagen für die Entsorgung von Abfällen, die Lithiumbatterien und -zellen enthalten.
https://www.bde.de/assets/public/Dokumente/Sonderabfall/Broschure-Lithiumbatterien-Aktualisierung-2019.pdf

Lithium-Ionen-Akkus sind Gefahrgut der Klasse 9 und unterliegen daher beim Transport den Gefahrgutvorschriften. Details regelt für den Straßenverkehr die ADR. Darin ist als Ausnahmeregelung eine sogenannte Handwerkerregel enthalten. Einen Überblick gibt ein Merkblatt der BG RCI.
https://www.bgrci.de/fileadmin/BGRCI/Downloads/DL_Praevention/kurz_und_buendig/KB_008_Gefahrgut_im_PKW_und_Kleintransporter_-_Kleinmengen.pdf