Straße und Verkehr im Blick

Head-up-Displays können in Fahrzeugen zahlreiche Informationen in das Sichtfeld des Fahrers projizieren. Damit sollen sie zu einem besseren Überblick beitragen und die Verkehrssicherheit verbessern. Die Technik hinkt den Möglichkeiten jedoch noch hinterher…

Übermüdung, Alkohol am Steuer, stark überhöhte Geschwindigkeit – diese Unfallursachen sind hinlänglich bekannt. Dass aber auch die Ablenkung durch technische Geräte wie Navis und Smartphones die Unfallgefahr deutlich erhöht, zeigt die aktuelle Verkehrssicherheitsstudie aus dem Allianz Zentrum für Technik (AZT). Erstmals belegt die Untersuchung einen Zusammenhang zwischen vielen der heutigen Informations- und Kommunikationsfunktionen im Auto und den höheren Unfallraten. Denn allein um diese Geräte oder andere Anzeigen in Cockpit oder Armaturenbrett abzulesen, müssen Fahrer in der Regel den Blick von der Straße abwenden – mindestens für eine halbe Sekunde, was bei einem Tempo von 120 Kilometern pro Stunde bedeutet, dass eine Strecke von rund 20 Metern quasi blind gefahren werden.

Um diesen Blindflug zu vermeiden, wurden sogenannte Head-up-Displays (HUD) entwickelt. Als weiterer Vorteil der Technik, die Informationen direkt in das Sichtfeld des Fahrers einblendet, gilt eine geringere Ermüdung der Augen. Denn jedes Mal, wenn der Blick von der Straße auf die abzulesende Anzeige und dann wieder auf die Straße gerichtet wird, müssen sich die Augen an deutlich abweichende Sehentfernungen anpassen.

Neu ist die Idee der ins Sichtfeld projizierten Informationen übrigens nicht. General Motors stattete in den USA bereits in den 1980er Jahren erste Automodelle mit Schwarzweiß-HUDs aus, die über feste, nicht konfigurierbare Anzeigen verfügten. In Europa gilt Hersteller BMW als Vorreiter, der 2003 die 5-er und 6-er Modellreihen mit ersten, damals von Siemens gefertigten Displays ausstattete. Und ihren Ursprung hat die Technik in der Luftfahrt, die solche Systeme schon seit den 1940er Jahren nutzt – zunächst an Bord von Kampfflugzeugen, später auch in zivilen Jettypen.

Technisch hat sich bei HUD-Systemen vor allem im Automobilbereich in den vergangenen Jahren jedoch viel getan. Das Grundprinzip ist zwar immer noch gleich: Informationen werden als virtuelles Bild generiert und dann von einem Optikmodul im Armaturenbrett per Umlenkung auf eine gleichsam spiegelnde wie lichtdurchlässige Fläche projiziert, oft die Windschutzscheibe. Aber im Gegensatz zu den Anfängen sind die schwarzweißen Anzeigen jetzt farbig und die angezeigten Parameter konfigurierbar. Und am deutlichsten hat sich der optische Eindruck verändert.

In einer simplen Ausführung zeigen HUDs am unteren Rand des Sichtfeld des Fahrers wichtige Informationen an, die zum Navigieren des Kfz benötigt werden, beispielsweise Geschwindigkeitsinformationen, Pfeile für Richtungsangaben oder Warnmeldungen. Optisch wirkt die Anzeige dabei so, als befände sie sich in zwei bis drei Metern Entfernung vom Fahrer.

Aufwändiger ist die Integration von Augmented Reality (AR) in die Funktionsweise des Head-up-Displays. Bei solchen AR-HUDs wird der Blick auf die reale Welt vor der Motorhaube mit Hilfe von Sensoren um virtuelle Informationen ergänzt. Beispielsweise kann eine integrierte Spurführungshilfe ein Warnsignal aufflackern lassen, wenn die Fahrbahnbegrenzung nicht eingehalten wird. Optisch liegt der Abstand vom Auge des Fahrers bis zum virtuellen Bild bei etwa fünf Metern, die Anzeige selbst rückt wegen Art und Weise der eingeblendeten Informationen vom unteren Rand des Sichtfeldes in dessen Zentrum. „Mit den in aktuellen Serienfahrzeugen verfügbaren Sensoren lässt sich eine örtlich präzise und ruckelfreie Anzeige jedoch nicht zufriedenstellend umsetzen“, so die Beobachtung von Matthias Walter, der sich als Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ergonomie der TU München mit Head-up-Displays beschäftigt.

AR-HUDs sind aus Walters Sicht jedoch die HUD-Lösung mit dem größten Potenzial. Bei neueren Modellen – manchmal auch kontaktanaloge beziehungsweise kHUDs genannt, allerdings werden die Begriffe AR-HUD und kHUD inzwischen synonym verwendet – vergrößert sich optisch der Abstand zwischen Fahrer und eingeblendeter Information nochmals auf etwa zehn bis 15 Meter. So lassen sich Informationen noch besser so darstellen, als wären sie Teil der Umwelt – ein angezeigter Navigationspfeil beispielsweise schwebt dabei nicht über der Motorhaube, sondern erscheint so, als läge er direkt auf der Straße. Um diese Technik voll auszuschöpfen, müssen Matthias Walter zufolge jedoch reale und virtuelle Welt ausreichend in Deckung gebracht werden: mit höchst präziser und schneller Sensorik, hochgenauem GPS, spurgenauen Kartendaten, Radar- und Lidarsensoren, Kameras und Laserscannern – eine Herausforderung.

Im Gegensatz zur Technik wird das Thema Sicherheit bei der Nutzung von HUD kaum noch diskutiert. Forschende von der Universität Toronto veröffentlichten zwar 2015 eine Studie, wonach es eher schlecht für die Verkehrssicherheit ist, wenn Fahrer mit verschiedenen Informationsquellen im selben visuellen Wahrnehmungsbereich zurecht kommen müssen. Andere Wissenschaftler gehen jedoch ebenso wie der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass die Ablenkung des Blicks während der Fahrt gefährlicher ist als das Einblenden zusätzlicher Informationen. Das Berufsgenossenschaftliche Institut Arbeit und Gesundheit (BGAG) war schon 2006 nach einem Projekt zur Auswirkung von Head-up-Displays auf das Fahrverhalten zu dem Schluss gekommen, dass die Erfassung von Informationen mit HUDs weniger Aufmerksamkeit und Zeit des Fahrers erfordert als ohne. Und der deutsche Bundesrat hat bei der jüngsten Überarbeitung der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich begrüßt, dass HUDs mehr und mehr zur Standardausstattung moderner Fahrzeuge gehören, da sie Blickabwendungen reduzieren: „Das Zeigen von Verkehrszeichenanordnungen im Blickfeld und von fahrzeugseitigen Informationen zum Zustand des Fahrzeugs sowie Informationen zum Fahrtweg erscheinen generell geeignet, um den Fahrzeugführer bei der sicheren Verkehrsteilnahme zu unterstützen.“